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440 S., ISBN 978-3-89427-720-8

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Band 1: Der Göttliche Materialismus
Band 2: Die Neue Spezies
Band 3: Die Mutation des Todes

Aus dem Inhalt:

1. Dieser große Blick
2. Die Neue Spezies
3. Ein Universaler Anfang
4. Die Supramentale Herabkunft

1. Dieser große Blick

Sie arbeitet hier im Körper, um etwas herabzubringen, das in der materiellen Welt noch keinen Ausdruck fand, damit das Leben hier transformiert werden kann.
Sri Aurobindo

Ein neues Leben begann.

Etwas in diesem stürmisch wilden Herzen hatte sich wie eine schwere silberne Tür verschlossen, hinter der sie ihren Schmerz in einer Stille zurückhielt, die schrecklich gewesen sein muß. Etwas hatte sich hier für immer und jeden Tag konzentriert: eine Art Blick, der intensiv schwarz und in seiner Tiefe golden sein konnte, ein eiserner Wille, der unerschrocken auf den Tod blickte. Jetzt wußte sie: das war "die Frage, die zu lösen mir aufgegeben wurde". Unter jedem Deckmantel spürte sie den Feind auf. Hinter allen Gesten, Schritten und Worten, den Begegnungen war ihr Blick darauf gerichtet und durchbohrte das in irgendeiner Form. Ich kenne kein anderes Wesen auf der Welt, das so beständig und unbeirrbar einen einzigen unteilbaren Willen in sich trug - kein Atemzug ihres Lebens, keine Sekunde der vierundzwanzig Stunden am Tag war des Lebens wert oder konnte überhaupt gelebt werden, wenn nicht um dies zu besiegen und aufzuspüren. Er war gegangen. Ein totaler Zusammenbruch. Doch ihr Blick war nicht einmal mehr auf Sri Aurobindo gerichtet - Sri Aurobindo war sie selbst, wie ihr eigener Atem - es ging jenseits von Sri Aurobindo, es war ein "Etwas" wie das ungeheure Das der Welt: das Absolute, das Höchste ... wie auch immer die Worte sein mögen - letztlich sind alle Worte idiotisch - Das jedenfalls, was verhindert, daß nicht alles im Nu wie ein ungeheures Trugbild zusammenstürzt. Denn so wie die Lage und die Dinge auf den ersten Blick erscheinen, ist die Welt eine bloße Ungeheuerlichkeit, die sich uns nur dank unserer Unbewußtheit verhüllt. Ohne den Schleier der Unbewußtheit wäre sie unerträglich. Ohne all die netten Fallen der Illusion wäre es nicht auszuhalten. Und ist die Illusion einmal vorbei, bleibt nur der Weg des Nirvanas, des Selbstmordes - oder eben Das, die einzige Hoffnung auf einen Sinn, das einzig Positive in dieser ungeheuren Sinnlosigkeit. Das Gegenstück des Todes. Ansonsten triumphiert einzig und allein der Tod überall, an allen Ecken und für uns gleich bei der nächsten Wegkrümmung, wo er seine Maske fallen lassen und lachend unsere schmerzlichen Torheiten allesamt zum Teufel jagen wird. Das oder der Tod. Dazwischen gibt es nichts. Dazwischen spielt sich eine Komödie mit den Hampelmännern der Komödie ab. Fazit: entweder blicken wir auf Das, oder wir befinden uns schon im Tod. Das, das einzig Mögliche und Lebendige in dieser Parodie des Lebens, das kein Leben ist - die einzig wahre Intensität, die gegen die Intensität des Todes aufzukommen vermag. Und wenn wir das nicht glauben, ist es nur zu unserem eigenen Schaden, dann stehen wir bereits auf der Liste der Todeskandidaten. Tatsächlich aber geht es nicht darum zu "glauben" sondern darum zu atmen, denn wenn die Illusion vorbei ist, fragt man nicht noch lange, ob der Sauerstoff existiert, und schert sich kaum um die Metaphysik des Sauerstoffs: man atmet oder krepiert. Das ist alles. Das heißt atmen. Wir können es ebensogut "Walfisch" nennen, wenn es uns beliebt. Nur, falls wir nicht auf dem Rücken dieses Wals sitzen, werden wir gar bald in die Tiefe gespült - das steht uns bevor, und zwar schon morgen. In der Tat schlüpft der Tod ständig direkt vor unserer Nase aus und ein wie ein herausgeputzter und lächelnder leiser Hai - charmant. Um die Wahrheit zu sagen, schleuderte mich Sri Aurobindos Abschied ohne jeden Übergang direkt dem Höchsten entgegen. Es ist sehr einfach, entweder Das oder nichts. Und nichts bedeutet den Tod. Sie nannte Das "der Höchste" oder "der Herr" oder sagte "Du" - was auch immer, es war ihre Art, jenes Etwas zu benennen, das sich über jeden Namen, den wir ihm geben, lustig macht, das uns aber als einziges atmen läßt angesichts dieser Intensität des Todes überall. Im Grunde sind alle menschlichen Erfahrungen - alle ohne Ausnahme, egal in welche Farbe oder Sprache sie gekleidet sein mögen - einzig, allein und absolut dazu da, jeden von uns zu dieser einzigen Sekunde zu führen, wo wir uns dieser einzigen Möglichkeit zuwenden: plötzlich ruft man Das, oder es bedeutet den Tod. Man schlägt um ins Positive, schnappt nach Sauerstoff, öffnet beide Hände und ruft wie ein Wahnsinniger (oder auch nicht): Das, das, das ... das einzig Absolute ist der Höchste, die einzige Dauerhaftigkeit ist der Höchste, die einzige Sicherheit ist der Höchste, das einzig Unsterbliche ist der Höchste. Das allein existiert. Sonst ist es nicht möglich, sonst ist es der Tod auf zwei Beinen. Alle unzähligen Erfahrungen, alle, dienen dazu, uns dahin zu führen. Das ist dann die erste Sekunde Leben in der Herrschaft des Todes. Jetzt wird es eine so eindringliche, so absolute Erfahrung: die Ungewißheit, das Unbeständige, Flüchtige, Wechselhafte und Vergängliche aller Dinge - auf nichts kann man sich verlassen, alles bricht zusammen, außer der Höchste, weil Er alles ist. Allein das Ganze in seiner Gesamtheit versagt nie ... Die Worte sind absurd, handelt es sich doch um eine Erfahrung. Gelangt man erst einmal zu dieser Erfahrung, ist es endgültig vorbei, alles weitere ergibt sich daraus, das sind Kleinigkeiten. Dann ist man wirklich außer Gefahr. Mit anderen Worten, man wird von allen Seiten vom Tod bestürmt - den man zuvor nicht gesehen hatte. Man ist außer Gefahr, weil man atmet. Wir beginnen, das wahre Gesicht des "Lebens" zu sehen. Wir treten den Kampf gegen den Tod an. Wir gehören zu denen, die bemüht sind, die Evolution auf die Seite zu ziehen, auf der es sich atmen läßt - wir "gehören" nicht zu denen, sondern gehören dem Höchsten. "Zu denen gehören" hieße, noch im sterblichen Gewirr verfangen zu sein. Ohne zu zittern, können wir Mutters großen intensiven Blick ertragen, der sich zuweilen hinter der silbernen Tür öffnet ... denn er ist erschreckend für all die kleinen Arten des Todes, an denen wir innerlich festhalten. Ich verbringe meine Zeit damit, mich in Schleier zu hüllen: Schleier über Schleier und darüber noch ein Schleier, damit man mich nicht sieht. Sonst wird es "unbearable", unerträglich.

Aber manchmal sah ich ...

Nun wissen wir, was Leben in dieser Vorherrschaft des Todes bedeutet. Sie machte sich auf, es zu erobern: das wahre Leben für die Erde - allen unseren unzähligen kleinen Arten des Todes zum Trotz. Wenn die Erde diesen Blick zu ertragen vermag, dann ist sie nahe daran, die wahre Erde zu sein, dann hat sie die ungeheure Identifikation mit dem Tod überwunden. Vermutlich gibt es kein Wesen, das nicht in irgendeinem versteckten Winkel der Komplize des Todes ist. Das ist erschreckend. Aber diese dreiundzwanzig Jahre sollten schreckliche Jahre werden für Mutter.

Um es kurz zu fassen, jeder einzelne in diesem Evolutionslabor war eine Art kleines Musterexemplar des Todes, an dem zu "arbeiten" war.


2. Die Neue Spezies

Es war beinahe ein neuer Ashram, der sich da aus dem Erdboden erhob. Wir nehmen grundsätzlich alles auf, die ganze Erde, und rühren es tüchtig durch, dabei setzt sich alles Unnötige ab. Kinder, eine Menge Kinder, es wurden immer mehr. Offen gestanden interessierten sie diese mehr als ihre erwachsenen Schüler, die so erfüllt waren von Licht, Yoga und Erfahrungen und so genau wußten, was und was nicht zu tun war: Sie sind unflexibel, ausgezeichnete Objekte für ein Museum, aber für die Arbeit ungeeignet ... Ich muß gestehen, daß ich für meine Arbeit jemanden vorziehe, der nur sehr wenig weiß und noch keine großen Anstrengungen unternommen hat, der dafür aber eine starke Flamme der Sehnsucht in sich trägt und äußerst guten Willens ist. Jemand, der sich formen läßt, sich entwickeln kann und nicht erst in Stücke gehauen werden muß, um Fortschritte zu machen.1 Tatsächlich versteht es sich von selbst, daß das unumgängliche nächste Leben, dieser nächste Schritt der Evolution, sich radikal unterscheiden wird von all dem, was wir jetzt sind, denken und auf unseren Gipfeln herkömmlichen Lichts erblicken. Selbst unsere besten Eigenschaften sind völlig wertlos und stehen in fast keinem Verhältnis zu dem, was die neue Spezies bewegen wird. Demnach müssen wir uns entscheiden, etwas anderes zu kultivieren, wenn wir nicht weiterhin zu den Klassenbesten einer veralteten Spezies gehören wollen. So wie sich heutzutage keiner mehr in den Baumwipfeln von Ast zu Ast zu schwingen braucht, nützt es in Zukunft nichts, irgendein Athlet des "Yoga" zu sein, weil diese Zukunft in jedem Fall etwas vollkommen anderes sein wird. Was aber sind die notwendigen Eigenschaften für die Zukunft? Das herauszufinden, wäre interessant.

Sie sah klar und weit voraus. 1953 gründete sie die Ashramschule mit anfänglich 25 Schülern. Neun Jahre später waren es beinahe 200, und sie gründete das "Internationale Sri Aurobindo Universitätszentrum". Vergeßt nicht, alle, die ihr hier seid, daß wir etwas verwirklichen wollen, das noch nicht auf der Erde existiert, deshalb wäre es absurd, irgendwo anders nach einem Vorbild zu suchen für das, was wir tun wollen.2 Im Grunde versuchte sie, den Schülern das Wunderbare der Zukunft, das Überraschende der Zukunft einzuflößen, dieses seltsame "Etwas", das im Schmelztiegel der Evolution Gestalt anzunehmen begann. Ja, die Evolution läßt sich gestalten. Gestalten wir sie doch zusammen! Gestalten wir ein anderes Wesen auf der Erde! Das ist bestimmt interessanter als zukünftige Sozialhilfeempfänger der x-ten Republik nach Christus zu werden ... und das endlos weiter bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Als erstes versuchte sie, diese alte Routine des Todes im Bewußtsein der Lehrer zu entwurzeln. Sie begann also mit der Erziehung der Lehrer. Die Lehrer saßen auf den Schulbänken, und sie hob diesen ganzen Teig und hielt ihn zusammen in seiner merkwürdigen, noch nie dagewesenen Mischung, in der keiner weder Lehrer noch Schüler war, sondern alle gemeinsam die Formel der Zukunft suchten: die Kinder auf ihre spontane Art ohne Sorge, sich die falsche "Zukunft" zu sichern, und die Lehrer mit ihrem hartnäckigen Widerstand - wofür sie sowohl von Mutter als auch von den Schülern selbst prompt gezwickt wurden -, bis wohl oder übel ein seltsames Produkt entstand. Vor allem aber sollte es keine Zeugnisse, keine Prüfungen geben (damals schon, 18 Jahre vor unserer 68er Revolution!). Aber welch ein Kampf war es, gerade diesen Keim aus dem Bewußtsein der Lehrer auszurotten - Zeugnisse, wozu eigentlich? Um Erzstreber einer veralteten Spezies heranzubilden? Seit rund einem Jahrhundert leidet die Menschheit an einer Krankheit, die sich immer mehr auszubreiten droht und heutzutage ihr akutestes Stadium erreicht hat: "das Nützlichkeitsprinzip" könnte man es nennen ... Das Schulzentrum des Ashrams ist nicht der Platz für Kinder, die von dieser Krankheit befallen sind.3 Sie hatten es sich in den Kopf zu setzen, daß sie hier waren, die Zukunft zu gestalten: "Das macht doch Spaß, findet ihr nicht?" meinte Mutter. Man erfindet die Zukunft. Man erfindet sie, ohne sich von irgendeinem "das-ist-nicht-möglich" oder "das-ist-möglich" einschränken zu lassen. Alles ist möglich! wie sie ihnen unermüdlich versichern wird. Wann kommt euch etwas unmöglich vor? Sobald ihr versucht, es zu tun. Hättet ihr nie den Versuch unternommen, es zu tun, wäre es euch nie unmöglich erschienen. Und warum eigentlich versucht ihr, etwas zu tun? Weil es irgendwo eurem Bewußtsein innewohnt. Befände es sich nicht im Bereich eures Bewußtseins, würdet ihr nie versucht haben, es zu tun. Und von der Minute an, wo es in euer Bewußtsein kommt, ist es offensichtlich etwas, das ihr verwirklichen werdet. Nur das, was nicht im Bereich eures Bewußtseins ist, könnt ihr nicht verwirklichen. So einfach ist das! 4 Oder nicht?

Das Bewußtsein war das Kernproblem der Zukunft. Die Veränderung des Bewußtseins war der Schlüssel. Das Bewußtsein verändern bedeutet erst einmal, alle alten Unmöglichkeiten einstürzen zu lassen, Türen zu öffnen und keine Mauern zwischen sich und den zukünftigen Möglichkeiten zu errichten. Wir errichten dauernd Mauern, wir sind ständig vorfabriziert. Aber dieses Vorfabriziertsein kann nur auf der Ebene der Körperzellen endgültig demontiert werden. Als erstes fing sie an, die Türen zu öffnen: Zweifel verhärten das Bewußtsein, sie bilden eine Kruste und verhindern so die Aufnahmefähigkeit. Sie wirken wie eine Lackschicht, die ihr über etwas streicht, um den Kontakt zu verhindern.5 In Wirklichkeit befinden wir uns ständig im schieren Wunder, wir baden in der Zukunft. Sie ist voll und ganz da und fließt über in ihrer Fülle - aber wir können nur das davon berühren und verwirklichen, mit dem wir Kontakt aufnehmen können. Das Amazonien ist voll und ganz da, das Supramental ist voll und ganz da, alles hängt nur davon ab, was zu berühren wir imstande sind. Hätten wir genug Vertrauen, wären wir in einer Sekunde transformiert ... Allerdings muß dieses Vertrauen bis in die Zellen reichen. Und der erste Schritt zu den Zellen ist eine offene Denkweise. Die erste Mauer türmt sich im Bereich des Denkens auf: eine ungeheure tausendjährige, kollektive Mauer, gestützt von Millionen und Abermillionen "vernünftigen" Menschen, die alle behaupten: "Aber nein! Das ist nicht möglich!" Wenn ihr ein für allemal verstanden habt, sagte sie ihnen, daß das ganze Universum (oder wenn ihr wollt, unsere Erde, um das Problem einzuschränken) nichts anderes ist als das Göttliche, das sich selbst vergessen hat, wo ordnet ihr dann die Schwäche ein? Bestimmt nicht im Göttlichen! Also im Vergessen. Wenn ihr gegen das Vergessen kämpft, dann kämpft ihr gegen die Schwäche an.6 Als erstes brachte sie ihnen bei, an sich selbst zu glauben. Die Bewußtseinsänderung beginnt wirklich mit dem Ausrotten des alten Dschungels ringsum. Wären wir rein wir selbst, so wären wir rein göttlich. Das ist wahr und ist sogar der Schlüssel für die Zukunft. "Ja, aber ..." wenden die veralteten Musterexemplare der Evolution ein - sie kommen mit ihrem "Aber" und versinken augenblicklich tiefer im tausendjährigen Schlamm. Hinterher können sie dann leicht sagen: "Ich habe es euch ja gesagt!" Da darf es überhaupt kein Aber geben, nur ein absolutes JA. Wir müssen aus dem Urschlamm der Welt herauskommen. Wir müssen aufhören, zu den Toten zu gehören, die sich für lebendig halten und doch nur die Chromosome ihrer Großväter hinter sich herschleppen. Im Grunde ist das einzige, was ihr geflissentlich tun solltet, riet sie den Lehrern, ihnen beizubringen, sich selbst zu kennen und ihre eigene Bestimmung zu wählen ... Bringt ihnen bei, sich selbst zu sehen, sich zu verstehen und sich zu wollen. Das ist unendlich wichtiger, als sie über die geschichtliche Vergangenheit der Erde oder selbst über ihre geologische Entwicklung zu belehren.7 Und ständig wiederholte sie den Kindern: Ihr seid hier, um die Vertreter der neuen Rasse zu werden. Alles hängt von eurer Willenskraft und Aufrichtigkeit ab. Wenn ihr nicht mehr der gewöhnlichen Menschheit angehören wollt, wenn ihr nicht mehr nur höher entwickelte Tiere sein wollt, wenn ihr neue Menschen werden wollt, die Sri Aurobindos Supramental verwirklichen, wenn ihr ein neues und höheres Leben auf einer erneuerten Erde leben wollt, dann findet ihr hier alle notwendige Hilfe, um das zu erreichen ...8 Die Menschheit ist nicht die letzte Stufe der irdischen Schöpfung. Die Evolution geht weiter, und der Mensch wird überholt werden. Jeder einzelne muß sich entscheiden, ob er am Abenteuer der neuen Spezies teilnehmen will.9

Ein kleines Fenster der Seele

"Ja, aber trotzdem" ... wenden weise und gebildete Leute ein, "man muß ihnen doch zumindest etwas Geschichte und Geographie und etwas Chemie beibringen und" (da sie schon dabei sind) "auch etwas Trigonometrie und ..." Die ganze Litanei bis zum Tod. Es genügt ein einziges einfaches, winziges, mikroskopisches "aber trotzdem", und schon ist man eingewickelt bis ans Lebensende, das zu guter Letzt vom eigenen Leichnam gekrönt wird (der, nebenbei bemerkt, nicht einmal uns gehört, sondern rechtmäßiger Besitz der Behörde ist, die den Totenschein ausstellt). Und doch ließ Mutter die Kinder in Chemie unterrichten (sogar in einem hervorragenden, eigens von Pavitra eingerichteten Labor), ebenso in Geographie und allem übrigen - aber auf eine "andere Weise". Der ganze Unterschied liegt in der "anderen Weise". "Durch jede beliebige Methode", wie Sri Aurobindo sagte. Das Supramental wird sich durch alle Mittel hindurchschlängeln, auch durch die Trigonometrie, nur dürfen wir nicht vergessen, daß dies lediglich Mittel für etwas anderes sind. Von Anfang an müssen wir begreifen, daß es nur eine Art Gymnastik ist, wie Hanteln, die dazu dient, die Muskeln unseres Bewußtseins zu trainieren, daß aber die eigentliche Triebfeder das Bewußtsein ist - das Mental ist nur ein Instrument, um die Materie zu kneten, um diese Substanz, die der mechanischen Trägheit des Protoplasmas entstammt, zu durchdringen, zu erfüllen. Wir hingegen glauben, das Mental sei geschaffen, Evangelien, Philosophien oder irgendeinen Marxismus zu erfinden, während all dies nur evolutionäre Launen sind - wie das hübsche Gefieder männlicher Vögel -, um immer mehr Bewußtsein in die Materie zu ziehen. Darin liegt das Ziel, der Sinn und der verborgene Schlüssel dieser ganzen Entwicklung. Das Mental ist in der Tat ein ganz besonderer Quälgeist, läßt es uns doch keine Minute in Frieden, man hätte keinen besseren Trick erfinden können, uns zu hindern, in der Wonne natürlicher Evolution dahinzudösen. Falls wir die chemischen Wertigkeiten samt unseren höchsten Diplomen als unser Ziel ansahen, dann ist das lediglich unser eigener Irrtum "höher entwickelter Tiere". Zum Glück sind die evolutionären Absichten weit wunderbarer!

Sie unterrichtete also auf eine "andere Weise".

Abends erschien sie nach ihrer Tennispartie auf dem "Sportplatz", sehr zierlich, ruhig und ganz in Weiß. An den Füßen trug sie japanische Getas, darüber lange Pluderhosen und eine "Kamize", deren Farbe je nach den Tagen wechselte - denn auch die Farben haben ihre Bedeutung mit ihren speziellen Kräften und Bewußtseinszentren - und eine Kopfbedeckung aus weißem Musselin zum Schutz vor dem Wind. Ihre langen Haare hatte sie schneiden lassen. Im "Winter" trug sie um ihre bereits gebeugten Schultern einen weißseidenen Umhang. Sie war dreiundsiebzig. Dieser Sportplatz war in Wirklichkeit das eigentliche Zentrum ihres außergewöhnlichen Labors. Dort wurde Gymnastik betrieben, sehr intensiv sogar - Geräteturnen, Judo, Hathayoga, alles mögliche, auch Boxen und Übungen am Turnpferd und wer weiß was noch. Die Mädchen trugen weiße Häubchen und Shorts - Shorts in Indien im Jahr 1950, wie schamlos und skandalös! Zusammen mit den Jungen bildeten sie gemischte Gruppen, die sich durch verschiedenfarbige Shorts voneinander unterschieden: Da war die Gruppe in roten Shorts, die blaue Gruppe, die khakibraune, die grüne der Kleinen, die weiße Gruppe der über Achtzehnjährigen, sowie die Grauen - ein ganzer Regenbogen. Alles spielte sich frisch und voller Lachen in einer leichten Atmosphäre ab. Ja, es war ganz lustig, eine neue Spezies vorzubereiten. Aber keine Eltern - sie wollte nichts mit den Eltern zu tun haben, diese Eltern sind schreckliche Wesen! Unverzüglich drängen sie einen auf das alte atavistische Gleis mit all ihren Ängsten um einen Schnupfen und um "gute Manieren". Hier kommen Kinder an, die sind so schrecklich gut erzogen, so höflich, so manierlich, die euch so wohlerzogen antworten, daß man den Eindruck hat, es mit kleinen halblebendigen Puppen zu tun zu haben, äußerlich geschniegelt und gestriegelt, die aber innerlich überhaupt nicht antworten.10 Sie suchte die innere Antwort. Sie suchte ein inneres Feuer. An dieser Antwort konnte sie den Entwicklungsgrad des einzelnen genauestens erkennen. Denn für sie waren die Wesen ein ganzes Spektrum von Farben und Schwingungen, die auf das Atom genau den Stand des Bewußtseins und den Grad seiner Intensität anzeigten. Wenn man jemanden anblickt, der seiner Seele bewußt ist und in seiner Seele lebt, hat man das Gefühl, sehr tief, tief, tief in die Person einzutreten, ganz weit, weit, weit hinein, und da fühlt man ... eine leise, sehr ruhige Antwort. Etwas Warmes, Ruhiges, Reichhaltiges, vollkommen Unbewegtes und sehr Erfülltes wie eine süße Sanftheit - das ist die Seele. Andere Male gibt es Augen, in die man nicht eintauchen kann, sie sind verschlossen wie eine Tür: zwei schwarze Scheiben. Schließlich gibt es noch Augen, die offen sind, man geht hinein und trifft gleich dahinter auf etwas, das vibriert und manchmal glänzt, es vibriert. Wenn man sich davon täuschen läßt, sagt man: "Ah, eine lebendige Seele!" Es ist aber nicht die Seele sondern das Vital. 11 Der charmante kleine Wirbel. Sie nahm alle auf, außer den "schwarzen Scheiben". Mit ihrem Diamantblick, in dem sich Süße, Lachen oder Belustigung vermischten, tauchte sie in sie ein, drang tief hinein bis auf den Grund, und das war, als müsse sie Sümpfe und dicke Schichten über Schichten durchqueren, und wie aus der Tiefe eines Brunnens zog und zog sie eine kleine reine Flamme des Seins empor, etwas, das sich wie zum ersten Mal regte, etwas Unbekanntes und Fremdes, das wie ein junger Vogel seinen Hals reckte und einen mit einer ganz neuen, ganz unerwarteten Art Leben erfüllte - man wollte tanzen, lachen oder sogar weinen, als seien mit einem Mal all die alten Mauern eingestürzt, als fände man sich in einer sonnigen Welt wieder und kannte sich selbst nicht mehr. Wie herrlich war es, sich nicht mehr im absurden alten Durcheinander auszukennen, in dem man zehn, zwanzig Jahre lang wie gutgeölte kleine Automaten gelebt hatte! Die alte Gewohnheit war abgefallen - man atmete anders. Plötzlich hatte das Leben einen Sinn. Einen anderen Sinn. Alles war möglich. Manchmal flohen die Leute auch vor diesem Blick: Er war unerträglich für den inneren Sumpf. Das war um so besser. Dadurch wurde automatisch eine Auswahl getroffen. Was meinst du, bemerkte sie eines Tages, wie hübsch es doch wäre, wenn man das Bewußtsein der Leute nehmen könnte, wie man eine Blume nimmt, und weil man es mit dieser Schwingung höchster Liebe betrachtet und hält, würde es sich öffnen, ordnen und prachtvoll werden. "Aber genau das tust du ja!" antwortete ich. Da lachte sie schelmisch wie ein junges Mädchen. Sie wollte so sehr, daß die Wesen sich dem wahren Leben öffneten, ihrem eigenen wahren Leben - das so einfach und ohne Lärm hinter all den absurden Schichten präsent ist. Ein erstes kleines Fenster, das sich auf eine andere Evolution öffnet. Der erste Schritt zur neuen Spezies. Ein "Etwas", verborgen auf dem Grund der Materie, von seinen menschlichen Verhaltensweisen befreit. Die Evolution scheint immer wie ein umgekehrter Weg zu sein: Wir finden das vor, was schon immer da war. Wir machen das Vergessen rückgängig. Ich lege nur das notwendige Wahrheitsbewußtsein in euch, alles übrige entwickelt sich dann automatisch.12 Mutter nahm eine Rosenknospe, hielt sie in den Händen, und die Rose öffnete sich. Oh, wie gerne hätte sie die Rose der Welt geöffnet!

Durch dieses kleine Fenster öffnete sich eine andere Wahrnehmung der Welt. Dieses kleine Fenster ist so einfach, bei Kindern ist es fast immer offen oder wenigstens bereit, sich zu öffnen. Wir aber versperren es mit allen möglichen Gesetzen, Vorsichtsmaßnahmen, Ängsten, Familienärzten, tödlichen Ideen und Manieren, mit sämtlichen Du-sollst, Du-sollst-nicht, Du-kannst, Du-kannst-nicht und schicken die Kinder zur Schule, um das, was wir blockiert haben, mit falscher Geographie, falscher Geschichte und einem falschen Lebensgesetz zu ersetzen. Aber durch das kleine Fenster hindurch war alles offen und direkt gegenwärtig: Die Welt war greifbar, die Geographie unmittelbar, die Geschichte überall - die große Geschichte, die ungehindert und zeitlos fließt und uns alle Ereignisse und alle Wesen begreifen läßt. Diese große Geschichte war der Stoff ihres Unterrichts abends nach dem Sport. Hinter ihr war eine riesige Landkarte Indiens in die Wand gehauen - das vereinigte Indien, das nie von Engländern oder einer traurigen und falschen Geschichte verstümmelte Indien -, neben ihr brannte eine kleine Tischlampe. Sie war ganz in Weiß gekleidet, und am eindruckvollsten waren ihre Augen, die unter der kleinen, tief in die Stirn gezogenen Musselinhaube übergroß wirkten. Alle saßen im Halbkreis um sie herum auf dem Boden, Lehrer wie Schüler und sämtliche Anhänger. Es waren insgesamt bereits tausend Personen. Sie las ihnen einige Seiten aus Die Synthese des Yoga vor oder vielleicht die letzten Kapitel aus Das Göttliche Leben: "Mensch und Evolution". Philosophie wurde zu etwas Einfachem, die gelebte Erfahrung, das, was man sieht, was man berührt, wenn die innere Tür offen ist, die Evolution direkt vor der Nase: Man sieht es, also wird man es. Man hat das in sich, also ist man in dem, dringt überall in der Welt ein wie bei sich zu Hause, denn die Welt ist in uns. Aber alles ist doch da! Alles - alles, was es zu erfahren gibt, und noch unendlich viel mehr, das ihr nie erfahren könnt ...13 Das Wissen, das von außen zu euch zu kommen scheint, ist nur der Anlaß, das Wissen in euch an die Oberfläche zu bringen.14 In dieser Schule der Evolution waren die Lehrer nicht dazu da, die Schüler zu "belehren", sondern sie zu informieren, wie sie sagte. Da gibt es nichts zu lehren! Es gilt nur das hervorzulocken, was schon vorhanden ist, das ist alles. Wir sind eine ungeheure Gesamtheit unmittelbaren Wissens, das nur in irgendeinem Winkel des Gehirns in Vergessenheit geraten ist ...

Wie aber können wir mit diesem unmittelbaren Wissen wieder in Berührung kommen?

Vielleicht vermag ein einfaches, ganz banales Beispiel dazu beizutragen, die außergewöhnliche physische, ja, sogar physiologische Präzision dieses direkten Wissens besser verständlich zu machen: Eines Tages brachte mir jemand eine Fotografie einer mir völlig fremden Person, die zehntausend Kilometer weit entfernt lebte. Ich betrachtete sie ... da empfand ich etwas ganz Unerklärliches: eine Fülle simultaner Wahrnehmungen, die alle Ebenen des Wesens umfaßte - alle Schwingungen, Schwankungen und Widersprüche jener Person. Wie aber das in einer mentalen Sprache ausdrücken? Unsere Sprache ist flach wie eine Fotografie, abstrakt und hohl mit langen und kurzen Nasen, Tugenden und Sünden, sie enthält nichts von den lebendigen, schwankenden, ineinanderfließenden Tiefen, die so charakteristisch für ein Wesen sind. Da es unmöglich war, demjenigen, der mir die Fotografie gebracht hatte, irgendeine Erklärung zu geben, machte ich aus einem plötzlichen Impuls heraus eine Geste, eine absurde Geste, wie jemand, der während einer Bridgepartie Karten verteilt. "Aber das ist ja genau sein Tick! Immer, wenn er redet, macht er das!" Und so ist es: Man ist in der Person, obwohl sie zehntausend Kilometer weit entfernt lebt, aber nicht nur im Kopf, sondern auch im Körper mit all seinen physiologischen Ticks und Reflexen. Ein exaktes Wissen auf die Schwingung genau (die nicht immer angenehm ist). Alles ist da. Man befindet sich im Kieselstein, im Mond, in der VI. ägyptischen Dynastie oder in einer Blume, die uns am Wegrand zulächelt (was schon angenehmer ist). Mit Mutter öffnete sich die ganze Welt, die Zukunft, die Vergangenheit, die konkrete Evolution, die wunderbare Möglichkeit. Plötzlich leuchtete das so einfach Gegenwärtige in tiefer Bedeutung auf, als wären alle Dynastien und die große jahrtausendealte Geschichte in einer banalen Geste wiedererwacht, um ihr einen Sinn für die Zukunft der Erde zu verleihen. Es war, als öffneten sich mächtige Tore im Bewußtsein. Ihre Worte brachten die Erfahrung, vermittelten die Erfahrung. Mit ihr sahen wir, berührten wir, und die Welt wurde zu einer konkreten Einheit, einem aufgeschlagenen Buch. Es war so. Die kleinen Individuen lösten sich auf, man begann überall gleichzeitig zu sein, in allem zu fühlen, in allem wahrzunehmen, mit allem Lebendigen zu leben, und zwar überall, sei es noch so entfernt oder auch ganz nahe. Es war so einfach, alles war EINS. Du kannst etwas nur deshalb verstehen und kennen, weil es in irgendeiner Weise in dir ist oder du in ihm.15 Die kleinen, numerierten und getauften Hautsäcke dienten nur dem Zweck, daß sich nicht alles wie zu einem Brei auflöste, ein evolutionärer Trick sozusagen, um Individuen zu formen. Dahinter oder im Innern aber strömte das große Bewußtsein frei, schrankenlos, ohne Gesetze - und hatte man erst einmal dieses Gesetz im Griff, dann ... Ja, dann wurde alles möglich, dann befand man sich bereits in der nächsten Evolution, dann war man eingetreten in die neue Spezies mit ihrem großen Bewußtsein - einem Bewußtsein so rund und EINS wie die Sonne. Wenn wir uns in allem auszubreiten verstünden, wenn alle Schwingungen, die auf uns zukommen oder von uns ausgehen, das Bedürfnis zum Ausdruck brächten, sich in allem zu verschmelzen, sich zu erweitern und zu wachsen, um sich schließlich mit allem zu vereinigen, dann hätten wir nichts mehr zu verlieren, weil wir alles hätten. Nur wissen wir es nicht. Und weil wir es nicht wissen, sind wir nicht dazu fähig. Stattdessen versuchen wir zu nehmen, anzuhäufen, anzuhäufen, anzuhäufen - aber das ist nicht möglich, man kann die Dinge nicht anhäufen, man kann sich nur mit ihnen vereinigen. Wir aber wollen das Wenige, das wir haben, wieder zurückbekommen: Wir senden einen guten Gedanken aus und erwarten dafür Anerkennung, wir schenken ein wenig Zuneigung und erwarten, daß man sie erwidert ... Nur weil wir unfähig sind, der gute Gedanke in allem zu sein, die Zuneigung, die Zärtlichkeit in allem zu sein, haben wir das Gefühl, von allem abgeschnitten und abgegrenzt zu sein, haben Angst, alles zu verlieren - haben Angst, das zu verlieren, was wir besitzen, weil wir uns beeinträchtigt fühlen würden. Wären wir hingegen fähig, uns zu vereinigen, hätten wir es nicht mehr nötig zu nehmen. Je mehr man sich erweitert, desto mehr besitzt man. Je mehr man sich vereinigt, desto mehr wird man. Und statt zu nehmen, gibt man. Und je mehr man gibt, desto mehr wächst man.16

Sie lehrte die Kinder die wahre Einheit der Welt - nicht jene, die alles zur "Einheit der Volksmassen" niederwalzt und einebnet, sondern diejenige, die alles umfaßt und in die Tiefe geht und die unendliche Vielfalt der Elemente respektiert, weil sie alles ist, was sich bewegt, was fühlt und lebt. Und da sie alles in sich vereint, kennt sie das wahre Bedürfnis jedes einzelnen Dinges und die richtige Bewegung in jedem Augenblick. Sie ließ die Kinder die Spontaneität dieses großen Genauen Bewußtseins berühren: keine Pläne, keine Prognosen - die immer versagen -, stattdessen die Vereinigung mit dem großen Strom, der uns in jedem Augenblick die notwendige Geste vollbringen läßt. Der ganze Ashram wuchs auf diese Weise, ohne Pläne, ohne Prognosen, in einer Art spontanem Wachstum. Offensichtlich war ein anderes Gesetz am Werk. Ein direkter Schlüssel, der keine komplizierte Wissenschaft benötigt, um sich auszudrücken.17

Wären diese Kinder lange genug rein geblieben, gäbe es heute vermutlich einen eher sonderbaren Platz auf der Welt, eine Art Modell der kommenden Seinsweise auf der Erde - aber hätte die restliche Welt das geduldet? ... Die "Einheit" wirkt in beide Richtungen. Die "restliche Welt" steckte bereits in den Zellen dieser Kinder. Es erforderte etwas Radikaleres als ein wenig Bewußtseinserweiterung. Es war notwendig, in die Zellen der Welt hinabzusteigen, um die Dinge an ihrer Wurzel zu ändern. Dort mußte der "direkte Schlüssel" gefunden werden.

Eine Frage der Haltung

Sie stellten Fragen, diese Kinder, tausend chaotische Fragen, aber immer auf Französisch. Sie wollte, daß alle Französisch lernten, und sie antwortete auch nur auf französisch. Zusammen mit den jungen Indern waren inzwischen Kinder aus fast allen Ländern zugegen - wirklich ein Labor der Welt. Es war die Zeit der Fragen und Antworten, der "Mittwochsklassen", die acht Jahre lang dauern sollten, bis 1958. Hier ließ sie wie klares Quellwasser und in der einfachsten Sprache, einer Sprache für Kinder, das gesamte okkulte Wissen fließen, das in früheren Zeitaltern sorgfältig gehütet und in besonderen Schulen den Eingeweihten vorbehalten war. Diese einfachen Klassen bewirkten die durchgreifendste Auflösung alles Okkulten, die je in der Geschichte stattfand. Sie wollte nichts "Okkultes", sie wollte, daß alle Geheimnisse ausgesprochen wurden ... sie wollte, daß alles natürlich, unmittelbar und problemlos gegenwärtig sei. Daß man das, was man sagte, auch lebte. Das waren die lebendigen Veden. Nichts ist einfacher als die Wahrheit. Sie ist so transparent wie die Luft, wir atmen sie jeden Augenblick, sie ist ein ungekünsteltes Wunder. Merkwürdig, daß wir so vieler besonderer Effekte bedürfen, bevor wir das zu begreifen beginnen. "Aber wozu ist dann das Mental überhaupt gut?" fragten die etwas Rationelleren. "Warum gehen wir überhaupt zur Schule, und warum gibst du dir so viel Mühe, uns zu unterrichten, wenn es nur darum geht, über das Mental hinauszugehen?" Und wenn man aus dem mentalen Brei, wie sie es nannte, herauszukommen beginnt, wenn es sich darüber und ringsum etwas zu lichten beginnt, fängt man tatsächlich an, in einem ständig neuen Wunder zu leben, bis in die kleinste Einzelheit hinein: Kenntnisse, von denen man nicht einmal ahnte, daß man sie besitzt, erstaunliche Genauigkeiten, schrumpfende Entfernungen. Es ist beinahe, als wäre jemand oder etwas bemüht - wirklich darum bemüht -, uns alles Notwendige wissen zu lassen, und zwar bis in die unerwartetsten Einzelheiten, es uns aber nicht nur im Kopf wissen zu lassen sondern ganz konkret im Leben anhand lebendiger Beispiele, kleiner "banaler" Szenen, die uns mit einem Lächeln einen ganzen Ausschnitt der Welt veranschaulichen ... auf eine etwas humorvolle Weise, als käme uns in dieser mentalen Lichtung die ganze Welt entgegen, um uns die Antwort zu zeigen. Alles antwortet, als bestünde ein seltsames geheimes Einverständnis zwischen uns und den tausend alltäglichen Dingen, als ob all dies einem einzigen Leben angehöre und sich alles gegenseitig erkenne und sich kleine Zeichen gäbe: "Siehst du, so ist es", ganz unauffällig, ohne Aufwand. Das EINE Leben. Als Sri Aurobindo gefragt wurde, wie er es fertig brachte, fünf, sechs Bücher gleichzeitig zu schreiben, antwortete er: Ich hätte jeden Monat sieben Ausgaben des "Arya" schreiben können, und das siebzig Jahre lang, ohne das von oben herabkommende Wissen zu erschöpfen.18 Und so ist es tatsächlich. Wir sind von einer unendlichen Flut von Wissen umgeben, für das es keine Nebensächlichkeiten gibt: alles zählt absolut. Alles ist miteinander verbunden. Es spielt sich darin aber kein gedanklicher Vorgang ab, außer man will eine Rede halten oder zum Beispiel ein Buch schreiben. Dann werden die tausend kaum wahrnehmbaren Fäden - ungreifbar für das Mental, das wie ein Esel einen Fuß vor den anderen setzt - von einem exakten Super-Denken erfaßt, das im Nu den Zusammenhang des gesamten Bildes herstellt und uns direkt durch den Dschungel seiner Millionen ineinanderverflochtener Zweige führt. Alles ist darin in einer für das Mental unfaßbaren Ordnung, einer ungeheuren und transparenten Super-Kohärenz enthalten. Es gibt nichts, was das Mental zu tun vermag, das nicht in mentaler Unbewegtheit und gedankenfreier Stille weit besser getan werden könnte.19 Warum sich also in den ausgefahrenen Gleisen des Mentals weiterbewegen, wenn das nächste Stadium der Evolution, das um einiges leichter sein wird, darüber hinausgeht?

Es versteht sich von selbst, erklärte Mutter, wenn uns anstelle eines Instruments mit nur drei Noten ein Klavier mit achtundachtzig Tasten oder sogar ein Orchester mit dreihundert Musikern zur Verfügung stünde, daß die musikalische Thematik dann zwar dieselbe, der Reichtum des Ausdrucks oder besser der Übertragung hingegen unvergleichlich wäre. Wir bilden Noten heran, sagte sie ihnen, damit das andere Bewußtsein sich einer kompletten Tastatur bedienen kann, es ist aber nichts weiter als eine Tastatur für etwas anderes. Das Mental hatte angefangen zu degenerieren, als es wie Franz Liszt unglaubliche Arpeggios für ein einziges Klavier komponierte. An diesem Punkt weicht die Schule der neuen Welt, wie wir sie einmal nennen wollen, oder die Schule der kommenden Evolution, unmerklich ab - unmerklich für jedermann. Sri Aurobindos Yoga ist der unsichtbare Yoga par excellence, wie die Luft, die wir atmen, wie die Wahrheit vielleicht: man kann tun, was man normalerweise tut, nur tut man es mit einer völlig anderen haltung.20 Dieser einfache Satz enthält eine ungeheure Kraft .... Wenn wir nur wüßten! Jahre später sagte mir Mutter, als sie sich mitten in diesem gefahrvollen Yoga des Körpers befand, der wirklich ein Ringen mit dem Tod bedeutet, einen Kampf gegen tausendjährige physiologische Gesetze: Die richtige Haltung ist der wahre Schlüssel für das ganze Problem der Transformation. Sie hatte dasselbe bereits dreißig Jahre früher schon einmal gesagt.21 So einfach ist das. Aber es ist vielleicht das tiefgründigste Rätsel, das wir auszuloten haben. Wir tun also alles wie üblich - sei es Mathematik, Boxen, Shakespeare lesen oder Zähneputzen - aber mit einer anderen Haltung, und diese Haltung hat die Macht, die Umstände zu ändern. So können aus vollkommen identischen Umständen ganz unterschiedliche Resultate erwachsen. Ob wir durch eine Grippeepidemie, durch die Seite eines Mathematikbuches oder über eine Straßenkreuzung gehen, immer gibt es gleichsam zwei vollkommen verschiedenen Welten: In der einen Haltung überspringen wir Jahre an Leben und Bewußtsein in eine einzige Sekunde gedrängt, in der anderen drehen wir uns im Kreis der Toten oder erwischen eine Grippe. Alles wird anders, die Gesetze ändern sich. Es sind wirklich zwei Welten, die eine in der anderen, mit nur einem kleinen Unterschied in der inneren Haltung. Im einen Fall sind wir wie üblich auf das alte Leben eingestellt oder besser gesagt auf den alten Tod, im anderen hingegen auf ... etwas, das kommende Bewußtsein, das nächste Leben, die nächste evolutionäre Entdeckung, auf jenes unbegreifliche Etwas, das unser nachmenschliches Stadium sein wird - das aber erst noch geschaffen werden muß, denn es wird nicht fix und fertig vom Himmel fallen. Es schaffen heißt, es herbeizurufen. Das ist wie eine Beschwörung der Zukunft. Dieses Rufen zwingt sie zu sein. Man möchte sogar meinen, sie würde durch das Rufen unter unseren Schritten geboren. Es wirkt wie ein Magnet, der von überall her die Gelegenheit des Fortschrittes anzieht. Ein Magnet, der die kommende Seinsweise auf der Erde einfängt. Früher, zu alten Zeiten, wurden die Anwärter der Initiation gewarnt: "Nun macht euch darauf gefaßt, daß ihr schrecklichen Prüfungen unterzogen werdet. Man wird euch in einen Sarg einsperren und euch furchtbaren Gefahren aussetzen. Diese Prüfungen zeigen, ob ihr die notwendigen Eigenschaften erlangt habt oder nicht ..." Diese Methode gehört aber der Vergangenheit an. So wird heute nicht mehr vorgegangen, sondern das Leben selbst liefert mit seinen täglichen Gegebenheiten die Prüfungen, die ihr durchzustehen habt.22 Wir befinden uns mitten in der evolutionären Prüfung. Das Mental ist lediglich ein unbewegter Übertragungsbereich, und in dieser Stille tragen wir überall, in jeder Geste, bei jeder Bewegung diese Antenne mit uns herum, gerichtet auf ... was? Die Zukunft, das. Das, was wir werden müssen, das, was wir in unserem Körper ausarbeiten müssen, so wie der Affe eines Tages den Menschen in sich heranzog. Bloß, hätte man damals dem höheren Affen geraten: "Hör zu, du brauchst dich nur fünf Minuten lang unter einen Baum zu setzen und auf ... nichts zu schauen oder einfach auf einen Grashalm", er würde solches wohl als unnützen Blödsinn empfunden haben, denn vom Unterschied in der Haltung hätte er gewiß nichts verstanden.

"Mutter", fragte ein etwas nachdenkliches Kind, "als das Mental in die Erdatmosphäre herabkam, gab sich der Affe bestimmt keine Mühe, sich in einen Menschen zu verwandeln, oder? Die Natur selbst lieferte die Anstrengung? Jetzt aber ...?" Und Mutters schlagfertige Antwort lautete: Aber keinesweg wird der Mensch sich von selbst in einen Übermenschen verwandeln! - "Nicht?", fragte verwundert das Kind. Versuche es doch mal! antwortete Mutter unter allgemeinem Gelächter auf dem Sportplatz. Seht, das ist genau der Punkt: etwas anderes wird die Arbeit verrichten. Doch (ja, es gibt ein "doch", ich möchte nicht grausam sein) jetzt kann der mensch mitwirken. Das bedeutet, er kann guten Willens sein und sich mit seinem ganzen inneren Streben dem Vorgang zur Verfügung stellen, um mitzuhelfen. Das war der Grund, warum ich sagte, es würde schneller gehen - ich hoffe, daß es schneller gehen wird.23 Das war 1956. Offensichtlich wird das Mental nicht das hervorbringen, was über es hinausgeht, ebensowenig wie der Affe durch seine Klettergewandtheit den mentalen Menschen hervorbrachte. Aber hin und wieder bereiteten die Fehler des Affen die Nachdenklichkeit eines Menschen vor. Der verfehlte Ast ist im Falle von uns Menschen das gewohnheitsmäßige Funktionieren des Verstandes, den wir ständig zu Hilfe nehmen, um jede geringste Geste, jede kleinste Angelegenheit zu unterstützen - alles ist ein Ast. Wenn wir den Ast des Verstandes loslassen, stehen wir zunächst einmal vor einer Leere, einem Abgrund - einem sehr beängstigenden Nichts, wo wir den Verstand zu verlieren fürchten. Gerade diese Leere ist es aber, die das andere Etwas ruft. Bevor das andere Etwas eintreten kann, muß dafür Platz gemacht werden. Und alsbald stellt man mit Erstaunen, dann mit Vergnügen und schließlich mit wachsendem Entzücken fest, daß etwas antwortet. Es antwortet von allen Seiten, es wimmelt nur so von Antworten, sie tauchen unter unseren Schritten auf, vor unseren Augen, bei unseren Begegnungen, in unseren Gesten ... sie strömen von überall herbei. Und zwar so unerwartet, so unvorhergesehen, daß wir direkt an ihnen vorbeigehen könnten, ohne sie zu bemerken: plötzlich bedeuten die Dinge etwas, alles ist voller Bedeutung. Es ist wirklich, als warte das andere Leben nur darauf, daß wir das alte aus dem Weg räumen, um zutage zu treten. "Das ist genau der Punkt", sagte sie, "etwas anderes wird die Arbeit leisten." Wir brauchen den Übermenschen nicht zu "machen", sondern ihn nur machen zu lassen. Wir vergessen immer, daß wir in einer Welt aufwachsen, in der alles bereits da ist. Die Zukunft selbst treibt unsere Schritte voran, die Zukunft unter unseren Schritten ... Je nach unserer Haltung ist es die alte oder die noch neue Sichtweise, die alte oder die noch neue Seinsweise. Jahrtausende alter Gewohnheiten verhüllen ein strahlendes Immer-Gegenwärtiges. Der Augenblick wird kommen, wo der evolutionäre Käfig aufbrechen muß, der all diese kleinen vergeßlichen und voneinander getrennten Iche prägte und ausarbeitete, die notgedrungen voneinander getrennt wurden, um sich ihrer selbst bewußt zu werden - damit wir uns des großen Bewußtseins gewahr werden und fähig sind, das alles umfassende Bewußtsein in einem Punkt wiederzugeben. Dieser Augenblick ist gekommen. Der Mensch kann mitwirken. Wir durchwandern ein immer gegenwärtiges Amazonien ..., um letzten Endes festzustellen, daß es das Amazonien ist. Da ändert sich unser Blick: Alles bleibt sich gleich, doch alles wird klar. Die ganze Welt befindet sich in ein und demselben Zauberwald - die Raupe miteingeschlossen. Vielleicht müssen alle das Wunder erkennen, damit es existent wird. Ein ungeheurer Blickwechsel. Eine andere Seinsweise auf der Welt - in der gleichen Welt. Vielleicht ist das der Übermensch?


3. Ein Universaler Anfang

Die evolutionäre Brücke

Der Übermensch ist erst ein kleiner Übergang - er bedeutet bestenfalls ein paar aufgeblasene Köpfe mehr im Universum. Obwohl er als Voraussetzung dient, ist er nicht das eigentliche Problem. Das Gefühl der Einheit, die konkrete Wahrnehmung der Einheit ist nicht mehr als das Einmaleins für die Kinder der neuen Evolution, es entrümpelt einfach den Zugang zur alten natürlichen Tür - und rein praktisch gesehen, dient es nicht einmal dazu, größere Wahrnehmungen zu verleihen oder das Forschungsfeld zu erweitern oder kleine Weltbürger zu zeugen, obwohl es gewiß nicht an interessierten Kandidaten für das Welt-Gehirn fehlen dürfte. Nur, was dann? Man könnte die Verkommenheit, das Elend und den Schmerz der Welt in noch größerem Umfang wahrnehmen. Die erste Wirkung dieser "Einheit" wäre des öfteren eher schmerzhaft als angenehm. Es ist unglaublich, was man alles schlucken kann - dieses Bewußtsein ist sehr "präzise". Jedenfalls hat dieses einigende oder eher wiedervereinigende Einmaleins nichts mit dem Mental zu tun, wie wir gerne glauben, nur weil wir es nicht lassen können, den alten mentalen Menschen in die Haut des kommenden Wesens zu verpflanzen, aber hier irren wir uns gründlich. Die Ursache, die diesem erweiterten Bewußtsein zugrunde liegt, könnte man fast als mechanisch bezeichnen, ein physiologischer Mechanismus, der keineswegs dazu dient (oder nur in zweiter Linie), großartige Weltperspektiven zu eröffnen. Dieses Neue Bewußtsein ist erdrückend, es ist ungeheuer und steht in keinem Verhältnis zum winzigen Netzwerk unserer Nerven, die schon ohnmächtig werden, wenn sich ein Finger in der Küchentür klemmt. In erster Linie ist dieses neue Bewußtsein eine Kraft oder erscheint uns als solche und wird als solche wahrgenommen vom winzigen Bewußtsein, das eingeschlossen ist im Geflecht der Venen, Äderchen und Pyramidenzellen, die Gefahr laufen, dabei wie Blasen zu zerplatzen. Der gesamte Mechanismus materieller Substanz muß sich erweitern, um die Ladung zu ertragen. Eine körperliche Veränderung muß stattfinden. Das Bewußtsein des Körpers selbst muß lernen, sich zu erweitern (oder sich zu klären, was auf das gleiche herauskommt) eine physiologische Entsprechung der Erweiterung des Gehirns, die den Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts vor seinem Fernseher vom jungsteinzeitlichen Menschen unterscheidet. Wir wissen nicht, was dieses nächste Wesen tun wird oder zu was es fähig sein wird, sonst wären wir wieder versucht, ihm unsere eigenen glorifizierten menschlichen Eigenschaften anzudichten, für die es vermutlich gar keine Verwendung hätte. "Nur der Körper kann verstehen", sagte Mutter. Er wird vor uns wissen und wahrnehmen, was das nächste Leben sein wird. Die Evolution findet in der Materie statt, nicht im Gehirn - das Gehirn ist ein hübsches Anhängsel, das uns hilft, den Vorgang zu verstehen (falls wir wollen) und möglicherweise an ihm teilzunehmen. Hier verfügen wir über zwei Schlüsseltexte, die mir eines Tages, als ich den zukünftigen Sinn der Welt unverbesserlich noch immer in den Pyramidenzellen zu finden hoffte, die Augen vollends öffneten. Zunächst ein Text von Sri Aurobindo, ein unauffälliger kleiner Satz mitten in anderen Themen verstreut, wie nur er zu schreiben pflegte: Ein vollkommen bewußter Körper könnte sogar die materielle Methode und den genauen Vorgang der materiellen Transformation entdecken und ausarbeiten ... Auf diese Weise wäre der körper Teilnehmer und Agent seiner eigenen Transformation.1 Dann ein weiterer, höchst aufschlußreicher Text von Mutter: Der Körper, so wie er ist, ist wirklich nur ein sehr verzerrter Schatten vom ewigen Leben des wahren Selbst, aber dieser physische Körper ist zu einer fortschreitenden Entwicklung fähig: Durch jede individuelle Form entwickelt sich die physische Substanz, und eines Tages wird sie fähig sein, eine brücke zu bilden zwischen dem leben, so wie wir es kennen, und dem supramentalen leben, das sich offenbaren wird.2

Der Körper wird die Brücke bilden.

Im Körper liegt der Schlüssel.

Das Wunder fängt hier an.

Hier liegt der Grund, daß sie der Körperkultur in ihrem Labor eine so große Rolle beimaß. Wie sehr wachte sie darüber, wie sehr war sie um jeden einzelnen bemüht und verfolgte jede Übung, jede Bewegung! Noch nie hatte es eine "Institution" gegeben (besonders in den vierziger Jahren), die dem Körper so viel Sorgfalt und Zeit widmete: mehrere Stunden am Tag. Nie waren es rein spezialisierte Übungen, jeder hatte eine Reihe verschiedener Übungen zu machen, wobei auch die Mädchen sich ebenso im Boxen wie am Reck und im Gewichteheben übten. Natürlich könnte man sich fragen, inwiefern Boxen einen neuen Körper hervorbringe (abgesehen von einem muskulösen) und ob Kurzstreckenläufer im nächsten Stadium mehr Chancen hätten als Diplomliteraten? Aber warum auch schließlich nicht. Alles hängt davon ab, wie man läuft. Und alles hängt davon ab, wie man ein Diplom erwirbt. Auch darin liegt in diesem unsichtbaren Yoga der nächsten Welt ein kaum wahrnehmbarer Unterschied: Wir tun alles wie üblich, nur "mit einer anderen Haltung". Treppen kann man bewußt steigen oder einen Eimer Wasser bewußt heben, und unseres Körpers können wir uns bewußt bedienen - auch das Rennen kann bewußt geschehen. Gymnastik ist nur ein Mittel oder ein Vorwand, um der Materie Bewußtsein einzuflößen - vielleicht sogar ein anderes Bewußtsein. Oder vielleicht nur, um eine gewisse Anzahl von Zellen zu klären und dem Bewußtsein tief im Innern - diesem präzisen, wahren Bewußtsein, dem Wahrheitsbewußtsein in der Materie - zu erlauben, alle dunklen Schichten körperlicher Trägheit zu durchdringen und direkt im Körper zu wirken, so wie es im Vogel, im Atom und überall wirkt, wenngleich indirekt durch eine bestimmte Gewohnheit oder Seinsweise als Vogel, Pflanze, Tisch oder sonst einer Form. Diese alte Form des Seins, diese alte körperliche Seinsweise muß sich anders durchdringen und handhaben lassen. Die nächste Art und Weise muß gefunden werden. Der Körper muß seine nächste Art entdecken und ausarbeiten. Ein Abenteuer ... Wie sehr spornte sie diese Kinder an und trieb sie vorwärts! Mit wieviel Tonnen an Energie überschüttete sie alle, die ganze Atmosphäre war wie elektrisch geladen durch ihre Gegenwart, als hätten sich die Pforten des Möglichen wirklich geöffnet: Niemand ist je dahin gegangen! Niemand hat es je getan, es ist ein Anfang, ein universaler Anfang, erklärte sie ihnen. Deshalb ist es ein völlig unerwartetes und unvorhersehbares Abenteuer ... Jeden Abend nach ihren sportlichen Übungen schritten sie einer nach dem anderen an ihr vorbei, um diesen Blick zu empfangen, der Türen aufbrach und das Unmögliche aus den Tiefen dieses vom Atavismus verkrusteten Körpers befreite - auflösen, auflösen, all diese alten Gewohnheiten auflösen, diese alten Schlupfwinkel des Todes, diese kleinen Verneinungen der großen Angst vor dem Neuen in den Zellen. Ich lade euch zum großen Abenteuer ein. Es geht nicht darum, auf spiritueller Ebene das zu wiederholen, was andere schon vor uns taten, denn unser Abenteuer beginnt jenseits davon. Es geht um eine neue Schöpfung, vollkommen neu, mit allem, was sie an Unvorhergesehenem, Risiken und Zufälligkeiten mit sich bringt - ein wahres Abenteuer, dessen Ziel ein sicherer Sieg sein wird, dessen Weg aber unbekannt ist und Schritt für Schritt im noch Unerforschten herausgehauen werden muß. Etwas, das in diesem Universum noch nie dagewesen ist und das in derselben Weise auch nie mehr stattfinden wird. Falls es euch interessiert ... nun, wohlan, laßt uns aufbrechen! Was morgen sein wird, weiß ich nicht. Wir müssen alles, was wir geplant, vorgesehen und aufgebaut haben, hinter uns lassen und sodann ins Unbekannte aufbrechen. Komme, was will.3 Sie saß da, sehr zierlich und ganz in Weiß unter der riesigen Landkarte Indiens. Während sie sprach, drehte sie eine Frangipaniblüte ("Psychologische Vollkommenheit") zwischen ihren Fingern, und es war wirklich, als habe sich hier in einem entlegenen Winkel der Erde ein neues Kapitel der Evolution aufgetan.

Hätten sie es doch nur verstanden.

Hätten doch nur ein paar - zwei oder drei - es wirklich voll und ganz versucht! ... Immerhin versuchten es einige wenige in den ersten Jahren wirklich. In ein paar Augen sah ich die große Möglichkeit aufleuchten, und in einigen Mädchen sah ich eine so frische und einfache Aufrichtigkeit (mehr als unter den Jungen, muß ich gestehen), wie sie in ihren weißen Tüllhäubchen mit heller Begeisterung ihre Übungen machten und tagsüber in der Druckerei an der Monotype arbeiteten oder Geschirr spülten. Einige wenige reine Beispiele gab es. Aber schon die zweite Welle von Kindern war nicht mehr dasselbe, schon hatte sich die immergegenwärtige Welle der Welt eingemischt. Das Problem war wahrhaftig das Problem der gesamten Welt.

Die Ansteckung

Der Anfang einer neuen Evolution ist etwas sehr Zartes, bedroht wie ein junger Keimling. Wir wissen nicht, wieviele Spezies die Natur ausprobierte, wieder zerstörte und von neuem versuchte, bis dieser Keimling - ein Keimling - Millionen von Insekten und die Härten des Klimas überlebte. Dieses Beispiel veranschaulicht sehr genau, was geschieht, was geschah und immer wieder geschehen wird, wenn ein neuer Versuch auf diesem evolutionären Boden keimen möchte. Vielleicht sind diese Schwierigkeiten von der Natur gewollt, damit ihre jungen Keimlinge stark werden. Immer verkennen wir die große Weisheit unserer Mutter und sind uns nie genügend klar darüber, daß ihre Hindernisse zugleich ihre Instrumente sind, mit denen sie arbeitet, und daß sie ja auch selbst das Insekt ist, das den hübschen Keimling zerstören will. Die Menschheit muß die Lage klar erkennen, denn sie wird das evolutionäre Unterfangen hier oder da, in der einen oder anderen Form bewältigen müssen, egal mit welcher Bezeichnung, egal mit welcher Kopfbedeckung, sei sie aus Tüll oder Fell. Tatsache ist, daß wir alle dahin gehen. Das Problem ist für alle gleich, ob mit dieser Raupe oder einer anderen. Wir müssen versuchen, einen Bereich zu einigen, sagte sie ihnen, einen besonders fruchtbaren Boden zu schaffen, um das Höchstmaß an kollektiver Aufnahmefähigkeit zu erlangen.4 Ja, so wie junge Bäume, die den Regen ersehnen, und weil sie so dicht nebeneinanderstehen, kommt die Wolke angeschwebt und läßt ihren Regen genau da und nirgendwoanders herabfallen - es bedarf vieler Pflanzen, vieler junger Pflanzen, um den Regen anzuziehen. Sonst bleibt uns nichts als eine zivilisierte Wüste, in der nur Maschinen gedeihen. Dies ist ein simples Gesetz evolutionärer Wetterkunde. Es gibt einen Augenblick im Leben eines jeden, wo sich die Notwendigkeit der vollkommenen Aufrichtigkeit wie eine entscheidende Wahl erhebt ... Aufrichtigkeit bedeutet, den schönen Regen herbeizusehnen, den Regen, der gedeihen läßt, nur ziehen wir merkwürdigerweise auch gleichzeitig Mikroben an, immer zieht es uns in zwei verschiedene Richtungen. Auch im Gemeinschaftsleben - wenn man einer Gruppe angehört - kommt ein Augenblick, wo eine Wahl getroffen werden muss, wo eine Reinigung stattfinden muß. Manchmal wird es sehr ernst, so daß es geradezu eine Frage von Leben und Tod für die Gruppe wird: Sie muß einen Fortschritt machen, wenn sie überleben will.5 Wie sehr war sie um diese jungen Sprößlinge bemüht! Wie üppig ließ sie ihren Lichtregen auf sie herabfließen! Der "Ashram" war bloß ein Name, sie legte keinen Wert auf einen Ashram, sie war nicht gekommen, um "einen Ashram zu gründen", doch es war dieser Fleck Erde, wo ein Keimling, ein einziger Keimling, in diesem evolutionären Boden aufgehen sollte. Irgendwo auf der Erde mußte das Problem gelöst werden. Sri Aurobindo und Mutter entschlossen sich absichtlich, ihr evolutionäres Experiment mitten unter den weltlichen Voraussetzungen wachsen zu lassen und nicht in der Abgeschiedenheit des Himalajas, nicht zwischen Klostermauern, sondern mitten in der Gesellschaft - das Experiment mußte dem Klima der Welt standhalten können, was nützte es sonst?

Doch die Welt ist sehr ansteckend. Tag für Tag veranschaulichte sie ihnen das Problem in seinem ganzen Ausmaß auf dem Sportplatz, der vermutlich der Spielplatz der Evolution war. Es war absolut notwendig, daß einige Menschen den Umfang der Arbeit ermessen konnten. Die Arbeit zu verstehen hieße bereits, daran teilzunehmen, aus diesem Grund wurden wir schließlich mit einem hübschen Gehirn ausgestattet und nicht um Arpeggios auszutüfteln. Selbst der Asket oder der Eremit, der sich in eine Höhle oder unter einen Baum in den Urwald setzt, kann sich nicht vollständig von dieser Solidarität mit der übrigen Welt freimachen. Die Luft, die er atmet, ist von den Schwingungen der Welt erfüllt, seine Nahrung enthält die Schwingungen der Welt, folglich genügt seine bloße Existenz, um ihn an den Schwierigkeiten der Welt teilhaben zu lassen.6 Denn immer wieder wurde die Vermutung laut: Wenn ich mich für eine Weile in den Himalaja zurückzöge, könnte ich meine Schwierigkeiten viel besser überwinden! Danach käme ich um so gestärkter zurück und wäre einen Schritt weiter gekommen - aber danach legt man den Mantel der Welt wieder an, und alles ist wie zuvor. Danach kommt nie! Die Arbeit muß unter den Bedingungen des irdischen Labors gemacht werden, darum kommt man nicht herum. Bis zu einem gewissen Grad könnt ihr ein inneres Gleichgewicht aufrechterhalten, aber ihr lebt in einer Umwelt voller Unausgewogenheiten ... Ihr gebt und nehmt, ihr atmet und absorbiert. So ergibt sich eine Mischung, und mit Recht kann man sagen, daß alles ansteckend ist, weil ihr in einem Zustand konstanter Schwingungen lebt.7 Dennoch war es sehr einfach, wir wissen gar nicht, wie einfach es ist: Nicht die Summe persönlicher Schwierigkeiten zählt, auch nicht unser Stolpern auf dem Weg, weder Tugendhaftigkeit noch Sündhaftigkeit spielen irgendeine Rolle - wo ist er denn schon, dieser einmalige Heilige der Welt? - ein jeder schluckt seinen Teil an Mikroben ... allerdings mit einem Unterschied: die aufrichtigkeit der Absicht. Ihr ständiges Leitmotiv lautete: Seid aufrichtig, seid aufrichtig! ... Das war die einzige Abwehr in diesem allgemeinen Untergang, die einzige solide Grundlage: einfach eine aufrichtige Haltung in allem, in den unklarsten, widerspenstigsten und widersprüchlichsten Situationen - wir tragen die ganze Welt von Widersprüchen, Unklarheiten und Mikroben mit uns herum! - und trotz alledem und wider Erwarten vermag dieses "Etwas" im Innern den Evolutionskurs einzuhalten: dahin will ich gehen, das will ich. Auf diese Weise wird jeder Widerspruch ein zusätzlicher Impuls für einen weiteren Fortschritt. Der Evolutionskampf besteht nicht darin, sich nie zu irren, sondern darin, daß wir alle Gelegenheiten in ihrem wahren Sinn erfassen. Dann leben wir immer sinngemäß, egal welchen Umweg wir dabei machen. Der Drang nach Wahrheit schafft die Wahrheit, der Drang nach einer anderen Luft schafft die kommende evolutionäre Luft - genauso wie der Drang, sich aus dem Sumpf zu retten, dem Reptil im Erdmittelalter Flügel wachsen ließ. Es waren nicht seine Tugenden als Reptil, die ihm aus dem Dilemma heraushalfen. Evolutionäre Aufrichtigkeit bedeutet, nach dem wahren Sinn zu streben, egal mit welchen Mitteln, ja, dahin zu gehen. Da will ich hin, selbst wenn ich dabei in der Hölle landen würde, ginge ich trotzdem dahin, denn nur dort kann man frei atmen. Es kommt ein Augenblick, sagte sie, wo das Leben, so wie es ist, das menschliche Bewußtsein, so wie es ist, absolut unerträglich zu werden scheint, und man sagt sich: "Nein, da stimmt etwas nicht, da stimmt etwas nicht, so kann es nicht sein, so kann es nicht weitergehen." Wenn man diesen Punkt erreicht hat, dann gibt es nur eines zu tun, und zwar sich voll und ganz mit aller Energie, mit aller Kraft, mit seinem ganzen Leben, seinem ganzen Wesen auf diese Chance zu stürzen oder, anders ausgedrückt, auf diese außergewöhnliche Möglichkeit, die einem gegeben ist, um auf die andere Seite zu gelangen. Um den Sprung dorthin zu wagen, lohnt es sich, eine Menge Gepäck hinter sich zu lassen und sich von vielem frei zu machen.8 Sie sagte, diese Aufrichtigkeit, dieses Verlangen nach etwas anderem sei so mächtig in seiner Einfachheit, daß es sogar über den Tod Macht habe. Wir wissen gar nicht, wie einfach die Schlüssel zur kommenden Welt sind - so einfach, wie die Schwierigkeiten kompliziert sind.

Hat der Keimling erst einmal Wurzeln geschlagen, dann wird er sich ganz von selbst auf dem restlichen irdischen Boden ausbreiten: die Ansteckung wirkt in beide Richtungen.

Die Wechselbeziehung

Die Jahre vergingen, und das Problem schien immer bedrückender, immer dringender zu werden. Etwas mußte geschehen. Was? Sie wußte es selbst nicht genau. Ich wünschte, ich hätte Hunderte und Hunderte von Jahren vor mir, um die Arbeit zu machen,9 sagte sie ihnen schon damals. Sie stand dieser menschlichen Masse von über tausend Menschen gegenüber - 1185 Personen im Jahr 1958 -, ihrem Labor, und es ging so langsam voran, wie das Leben selbst. Die Leute sind schockiert, sobald ein paar tausend Rupien verschwendet werden, aber niemand ist schockiert, wenn Fluten von Bewußtsein und Energie von ihrem wahren Zweck abgewendet werden ... Wenn wir auf der Erde ein göttliches Werk vollbringen wollen, dann müssen wir mit Tonnen an Geduld und Ausdauer gewappnet sein und in der Ewigkeit leben und warten können, bis das Bewußtsein in jedem einzelnen erwacht - das Bewußtsein, was wahre Ehrlichkeit ist.10 Sie verstanden nicht wirklich, was da für die Erde auf dem Spiel stand und welche Auswirkungen ihre Gesten - ihre kleinen, "ehrlichen" und bewußten Gesten in ganz winzigen materiellen Einzelheiten - auf die gesamte Materie haben können. Denn es gibt Augenblicke, wirklich außergewöhnliche Augenblicke in der Geschichte der Materie, wo die evolutionären oder man könnte auch sagen "klimatischen" Voraussetzungen dergestalt sind, daß ein winziges Körnchen Blütenstaub hier, gewollt, hübsch, spontan, einfach - rein - eine vollkommen neue Seinsweise auf der Erde auslösen kann. Wir verstehen nichts von den "großen Dingen" der Welt, wir suchen sie da, wo sie nicht sind, wir suchen menschlichen Glanz und Gloria, wo doch etwas so ganz anderes als das Menschliche zum Vorschein kommen muß: eine nach-menschliche "Nutzlosigkeit" - eine unauffällige Seinsart von ganz anderer Beschaffenheit. Im Ashram lebte ein etwas verrückter Alter, der war völlig nutzlos und obendrein noch streitsüchtig. Alle wunderten sich, warum Mutter so ein schwarzes Schaf behielt (Anspielungen wie "ich bin so viel besser und natürlich nicht verrückt", lagen in der Luft): "Warum behalten Sie so einen?" Aber er macht doch so gute Briefumschläge! Es gibt keinen zweiten wie ihn, der solche Briefumschläge falten kann. Da gab es also einen auf der Welt, der es perfekt verstand, Briefumschläge herzustellen. Und sie erfand allerlei ganz "unwahrscheinliche" Beschäftigungen für den einen und den anderen, manchmal eine winzige, die nicht mehr als fünf Minuten am Tag beanspruchte: das Mischen von Nagellack, um genau jenes Pfirsichrosa zu erhalten, oder das gewisse Anordnen von Blumen in einer Vase, wobei die Blütenblätter gezählt wurden, um eine ganz bestimmte Zahl zu erhalten, oder das geschichtliche Ordnen von Briefmarken aus Neu-Kaledonien oder Patagonien ... nie kämen wir ans Ende der Liste all dieser unwahrscheinlichen Tätigkeiten, die ab und zu "nützlich" waren, aber, wie es schien, nicht immer. In Wirklichkeit war jede dieser erfundenen Tätigkeiten eine besondere Art, die Materie zu berühren. Mit jedem berührte sie die Materie auf eine besondere Weise. Wer aber verstand die genaue, bewußte, "ehrliche" Geste? Wer verstand, daß sich die andere Weise nicht aus der alten Weise hervorzaubern läßt, daß sie aber dennoch hervorgebracht werden muß? Mit irgend etwas müssen wir schließlich anfangen, denn es wird nicht vom Himmel fallen. Die nächste Welt beginnt mit einer winzigen Geste. Diese Geste muß vollzogen werden. Irgendwo müssen wir anfangen. Was würde der jungsteinzeitliche Schimpanse zu einer gewissen menschlichen Art des Schleifens von Feuersteinen sagen? ... Vermutlich würde er lachen, falls Schimpansen lachen.

Wir liegen völlig falsch.

Sie dachten, "Mutter ist ja da, sie wird es schon machen, wir werden das doch nicht selbst machen müssen ...?" Selbstverständlich waren weder sie noch ist irgendein einzelner Mensch fähig, den nächsten Menschen hervorzubringen, denn um ihn hervorzubringen, muß man wissen, was er ist. Wie sollte man das Unbekannte, das Nichtexistente hervorbringen? Dennoch gibt es eine Möglichkeit, das Andere machen zu lassen und nicht immer die Türen mit der sterblichen alten Routine zu versperren. Das einzige, was man von ihnen verlangte, war, die Tür nicht zu versperren, eine Öffnung darin zu schaffen, damit diese Tonnen an Bewußtsein, die sie herabströmen ließ, einen Eingang fänden. Mutter konnte es nicht allein machen. Hier liegt eine Dimension des Problems, die sie ihnen auf so ergreifende Weise klarzumachen versuchte, daß es mir noch jetzt das Herz zerreißt. Da stand sie, wahrhaftig wie eine Älteste der Evolution, sie kannte die Geschichte von Anfang an, sie hatte sie viele Male gelebt, viele Male erlitten, und sie wünschte sich so sehr, daß man den Schritt tun würde, den rettenden Schritt. Sie konnte diesen Schritt nicht allein machen. Ist es möglich, eine vollständige persönliche Transformation zu erlangen ohne ein Mindestmaß an Entsprechung in der Gesellschaft? ... Mir scheint das nicht möglich zu sein. Die menschliche Natur bleibt, wie sie ist - man mag eine beachtliche Bewußtseinsänderung erlangen (das ja, man kann sein Bewußtsein klären), doch die vollständige Eroberung, die materielle Transformation hängt hauptsächlich von einem gewissen Grad des Fortschritts in der Gemeinschaft ab.11 Was würde ein Einstein ganz allein mitten in einer Bande von Feuersteinschleifern tun? Er hätte nicht existieren können, das ist alles. Er wäre in einem solchen psychologischen Klima erstickt. Mutter verbrachte ihre letzten Jahre in einem qualvollen Zustand des Erstickens. Sie sah, sie wußte, und wie sehr flehte sie, spornte sie alle an! Der individuelle Fortschritt wird vom kollektiven Zustand gewissermaßen beherrscht oder gehemmt. Zwischen der Gemeinschaft und dem Individuum besteht eine Wechselbeziehung, von der man sich nicht völlig frei machen kann, auch wenn man es versuchen wollte. Selbst derjenige, der sich in seinem Yoga vollständig vom irdischen und menschlichen Bewußtseinszustand befreien wollte, wäre zumindest unbewußt an den Gesamtzustand gebunden, der ihn bremsen und zurückziehen würde. Man kann versuchen, schneller voranzukommen, man kann versuchen, jede Last der Bindungen und Verantwortungen fallen zu lassen, trotzdem hängt die Verwirklichung selbst dessen, der führend an der Spitze des evolutionären Marsches vorangeht, von der Verwirklichung des Ganzen ab, vom Zustand der irdischen Gemeinschaft. Und das zieht so sehr nach hinten, daß man manchmal Jahrhunderte warten muß, bis die Erde bereit ist ...12 Noch mehr Jahrhunderte? Und dies hing - hängt - nur von einer Kleinigkeit ab, von einem unscheinbaren neuen Zustand in der Materie, in unserer Materie, von einer winzigen "ehrlichen" Geste. Wird es irgendwo eine solche Geste geben? Ein Riß plötzlich in der alten Gewohnheit, Mensch zu sein. Deshalb, fuhr sie fort, muß zur Bemühung um den individuellen Fortschritt und die individuelle Verwirklichung auch die Bemühung hinzukommen, das Ganze emporzuheben und ihm zum notwendigen Fortschritt zu verhelfen, um so einen weiteren Fortschritt des Individuums zu ermöglichen. Folglich können wir sagen, daß der fortschritt der masse dem individuum erlaubt, einen weiteren schritt nach vorne zu tun.12 Aber wird dieser Fortschritt der Masse der sein, der langsam im Osten grollt, oder eher der, den wir unserer eigenen Materie entreißen? Der Fortschritt wird in jedem Fall stattfinden, ob wir es wollen oder nicht - je widerspenstiger wir sind, desto schwerfälliger, gnadenloser und erdrückender wird der Vorgang sein. Die Natur bedient sich aller beliebigen Mittel. Warum nicht das gleiche auf eine angenehmere Weise tun? fragte sie ... So könnte man dem makabren Streich der Natur entrinnen. Für sie ist das ohne Bedeutung, sie sieht das Globale, sie sieht das Ganze, sie sieht, daß nichts verloren geht, daß lediglich verschiedene Mengen neu vermischt werden, unzählige winzige und unbedeutende Elemente werden wieder in den Schmelztiegel geworfen und gründlich vermischt, woraus dann etwas Neues entsteht. Doch dieses Spiel ist nicht für jedermann lustig. Wären wir hingegen imstande, in unserem Bewußtsein ebenso weit zu werden wie sie ..., warum sollten wir dann nicht das, was sie tut, auf eine angenehmere Weise tun? 13 Immer rief und beschwor sie diese große Möglichkeit herauf und versuchte sie in das Bewußtsein eines jeden zu säen, diese ungeheure, immer gegenwärtige Möglichkeit, die von nichts anderem abhängt als nur ... einem Nichts. Dieses großartige Morgen hängt von einem Hauch ab. Es ist so unvorstellbar leicht, wenn wir es doch nur verstünden ... Aber es muß einige geben, die es wissen, einige, die es wollen und den Schritt dorthin tun. Es erscheint verrückt, aber alle neuen Dinge erschienen uns immer wie Verrücktheiten, bevor sie Wirklichkeiten wurden. Die Stunde ist gekommen, daß diese Verrücktheit verwirklicht wird.14 Ich wünschte, wir könnten hier den Weg öffnen und darüber hinausgehen, alle gemeinsam, ein wenig.15

Ein wenig, sagte sie ...

Sie versuchte, das Zeitalter der bewußten Materie zu eröffnen.

Sie zog diese Masse voran - mit welchen Fluten an Energie und Licht überschüttete sie diese Handvoll Menschen in dieser Ecke des Sportplatzes, so klein und weiß und zierlich in ihrer Mitte, sie, die dennoch so ungeheuer mächtig war. Sie hätte alles zunichte gemacht, wäre es nur nach ihr gegangen, gleich einem Orkan hätte sie sich in die Eroberung ihrer eigenen Materie gestürzt, aber man kann die Tür nicht allein aufzwingen - oder kann man? Das ist ein weiteres Rätsel, das es zu lösen gilt. Was erreichte sie - trotz uns? Was könnte sie tun? 1953, genau zwanzig Jahre vor ihrem Weggang, stellte sie auf dem besagten Sportplatz diese Frage - stellte sie denen, die bis zum Schluß mit ihr zusammen sein sollten, diese menschlichen Musterexemplare, die sich als die Symbole der großen Verneinung der Welt entpuppen sollten, die dennoch von ihr verlangten, strahlend, allmächtig, verjüngt und transformiert zu werden, sozusagen als leibhaftiges Wunder der nächsten Erde: Ist es möglich, daß ein Körper sich verändert, ohne daß sich etwas in der Umgebung verändert? Wie wird eure Beziehung zu den anderen Dingen sein, wenn ihr euch so verändert habt? Und eure Beziehung zu den anderen Wesen? ... Es scheint, daß sich eine ganze Reihe von Dingen ebenfalls ändern müssen, wenigstens bis zu einem gewissen Grad, damit ein solcher Körper existieren, weiterexistieren kann.16 Das war am 20. Mai 1953.

Am 19. Mai 1973 wurden alle Kontakte mit der Außenwelt abgebrochen, und sie betrat ... was? Den Tod oder etwas anderes?

Wer wird diese Jahre, in denen Mutter mitten unter uns langsam erstickte, jemals verstehen?

War es umsonst? Was ist geschehen?

Ist etwas geschehen?

Etwas, das wir noch nicht verstehen, weil wir nur die Possen und den Glanz des unmittelbar gegenwärtig Menschlichen erfassen. Ein universaler Anfang läßt sich erst Jahrhunderte später verstehen, wenn die Historiker auf einmal feststellen, daß jener plündernde Stamm Frankreich war oder jene Falte dort das Tertiär. Ich stammle hier die Geschichte des nächsten Zeitalters, wie ein Schreiber ohne Gedächtnis.

Allein mit Mutter. Durch einen Vorhang, den man zerreißen oder vielleicht entzaubern sollte.


4. Die Supramentale Herabkunft

Dann, ganz abrupt, nahm dieser universale Anfang Gestalt an. Es geschah am 29. Februar 1956 - einem Schaltjahr.

Wenn alles vom guten oder schlechten Willen der Menschen abhinge oder selbst von dem, was sie denken, dann bliebe tatsächlich wenig Hoffnung für die Erde. Manchmal habe ich das seltsame Gefühl, als werde die gesamte Geschichte der Erde auf eine verkehrte Weise gelesen: Die Geschichte an sich ist wahr mit ihren Ereignissen, so wie wir sie alle kennen, aber auf nur einer Ebene gelesen, durch eine bestimmte Brille, während doch in Wirklichkeit die Dinge einen ganz anderen Sinn haben. Geologen und Paläontologen kommen der wahren Bewegung der Erde vielleicht näher, ihre Sicht ist weniger verfälscht, sie reicht näher an die rein materiellen Tatsachen heran: im Grunde betrachten sie die Erde ohne das Mental. Unser Augenmerk richtet sich auf Renaissancen, Mongoleninvasionen, politische Doktrinen und Einflußsphären, wir sehen aber nichts von den Bewegungen der Materie selbst, nichts von der irdischen Erfahrung des Entwicklungsverlaufs einer bestimmten Spezies, deren Instrumente, Reden und Geschichten allesamt zu Staub zerfallen und für immer verschwinden könnten, ohne daß dies auch nur ein Jota am Fortschritt von diesem Etwas ändern würde, das eine kollektive, irdische, menschliche Physiologie darstellt. Die Art, wie wir die Geschichte auslegen, hätte genauso gut nie zu existieren brauchen oder hätte ganz anders lauten können mit vollkommen anderen Worten und Prinzipien, die rein materielle Tatsache aber bliebe sich gleich. Wir spielen Rollen in einem Drama, das wir nicht kennen oder von dem uns jedenfalls nur eine Schicht zugänglich ist wie den Forschern der Erdoberfläche. Welchen Sinn maßen die archaischen Volksstämme ihrem Dasein bei? Bestimmt nicht den unsrigen, wobei der unsrige vermutlich ebenso abwegig und begrenzt ist wie der ihre. Da ist eine Schicht, die wir nicht kennen, und im Grunde werden alle unsere Geschichten nichts als kindische Maskeraden und Scharaden eines ganz anderen Märchens sein, solange wir nicht den Grundfels des Menschen berührt haben, seine wahre Bestimmung, die in einer winzigen Zelle enthalten ist.

Die mentale Brille muß fallen, damit wir die Bewegung der Welt wirklich verstehen. Wir müssen aus der mentalen Übertragung herauskommen. Wir erleben nichts in der Welt so, wie es ist, sondern wir leben in einer Übertragung der Welt. Aber möglicherweise gehören auch die Brillen zum evolutionären Plan, vielleicht waren sie eine Zeitlang notwendig, um die Welt auf eine gewisse Weise sehen und alle notwendigen "Fehler" machen zu können. Nie werden wir die unendliche Weisheit der Dinge genügend ermessen und wie selbst unsere Fehler einen ganz anderen Sinn haben. Die Evolution begeht keine Fehler, sie geht Schritt für Schritt mit allen Mitteln voran, mit allem guten und schlechten Willen, und selbst wenn gar kein Wille vorhanden ist, bewegt sie sich dennoch auf ein unvermeidliches Ziel hin, egal in welche Sprache wir es kleiden mögen. Denn die Evolution ist keine Evolution des Mentals sondern der Materie.

Alles schreitet zusammen voran, die Marxisten ebenso wie die kleinen Christen.

Der Wendepunkt der Geschichte

Dann kommt der Augenblick, wo die Brillen fallen können - im kollektiven und gesamtirdischen Ausmaß. Eine Zeit des Brillenwechsels. Das Ziel der Evolution ist ein reiner, vollkommen ungehinderter Blick. Es ist, als wären verschiedene Filter notwendig, um eine für uns zu blendende Realität zu verschleiern. Das Supramental ist die unmittelbare Sicht der Materie. Die Materie selbst ist es, die ohne die Vermittlung des Mentals sieht, handelt, bewirkt und weiß. Das der Materie eigene, innewohnende Bewußtsein gestaltet unmittelbar und unfehlbar seine eigene Welt. Wir sind außerstande, irgend etwas von diesem Supramental wirklich zu verstehen, weil wir immer das Mental darüberstülpen. Könnten wir dieses in der Materie, im Atom, in den Zellen vergrabene Bewußtsein nur erahnen, dieses Bewußtsein, das alle Bewegungen der Natur so unfehlbar lenkt wie den Flug der Vögel und für das nichts getrennt, nichts anders, nichts weit entfernt oder von gestern ist sondern alles ein einziges Pulsieren, ein einziger kontinuierlicher Raum, eine einzige irdische Bewegung, die sich überall und in jedem Augenblick ihrer selbst bewußt ist und infolgedessen in jedem Augenblick die richtige Aktion, die richtige Richtung und die genaue Koordination des Ganzen kennt - ohne daran zu denken: es ist ganz einfach, es ist so -, ja, dann fielen uns wahrscheinlich riesige Schuppen von den Augen, und die Welt wäre auf verblüffende Weise vollkommen anders. Alle unsere Geschichten würden sich wie sinnlose Hirngespinste in nichts auflösen. Dies ist eine neue Seinsweise. Der Körper bildet die "Brücke", denn dieses Bewußtsein befindet sich im Körper und nicht im Kopf. Es handelt sich nicht um eine Verbesserung des Mentals, sondern um eine Klärung der Materie, die sieht und die das tut, was sie sieht. Das bedeutet eine phantastische Vereinfachung des Ganzen. Und eine große Genauigkeit. Wahrhaftig ein anderes Leben. Vielleicht das Leben.

Kurz, es ist eine Mutation des Körperbewußtseins im Körperbewußtsein.

Aber die Bezeichnung "Mutation" ist eine weitere mentale Anpassung des Phänomens, das wir hiermit noch lange nicht erklären, sie ist ein pseudo-wissenschaftliches Etikett, um ein Etwas zu beschwören, das uns entgeht - und dieses Etwas ist alles. Immer übersetzen wir mit physiologischen und materiellen Begriffen im Rahmen unserer gegenwärtigen, materiellen Wahrnehmung das, was einer anderen Ordnung oder einer anderen Ebene von Zeit und Realität angehört. So stellen wir uns unter "Mutation" möglicherweise physiologisch abartige Wesen vor, die rechts und links auftauchen, so wie sich der Schmetterling aus der Raupe entpuppt (obwohl Phänomene dieser Art vielleicht auch eintreten werden, aber nicht so, wie wir uns das vorstellen), und wir sehen uns plötzlich umgeben von seltsamen Varianten des menschlichen Typus in der Art pummeliger Megalozephalen oder Menschen, die sich ein drittes Auge oder telepathische Organe wachsen lassen oder die ihre Hautfarbe ändern - wir transponieren immer die Gegenwart wie unverbesserliche Kinder. Was aber als erstes und vor allem anderen mutieren wird, ist das Bewußtsein, die Wahrnehmung der Welt und der Materie oder vielmehr unsere falsche Wahrnehmung von etwas, das eine falsche Materie ist, weil sie falsch gesehen ist: Anstatt durch ein mentales Schlammbad zu sehen, wird der Körper unmittelbar in seinem eigenen Milieu sehen. Das ändert alles! Es ist wie die Geburt einer anderen Realität, einer anderen Welt, die dennoch immer die gleiche ist. Und wenn der Körper anders sieht, wenn er die Materie anders wahrnimmt, dann wird er sie natürlich auch anders handhaben mit Mitteln, die unsere Vorstellung übersteigen, weil wir uns nur Mittel vorstellen können, die "durch" etwas wirken, in Form von Skalpellen, Kränen, Teleskopen oder Brechwalzen ... Wir verstehen nichts davon, wie sich die wahre Materie handhaben läßt, denn wir wissen nicht, was die wahre Materie ist. Und natürlich wird der Körper, indem er sich selbst anders sieht, auch anders leben, sich vielleicht neugestalten - weil er sich selbst anders gesehen hat. Der Körper kann nur das werden, was er für sich als Möglichkeit sieht. Im Moment ist seine einzige Möglichkeit, zu altern, zu verkalken, sich zu zersetzen und zu sterben, weil er in einem System oder in einer Luft eingeschlossen ist, die nicht die seine ist. Wie fanden die anderen evolutionären Übergänge oder Mutationen statt? Wir wissen nichts darüber, wir kleben nur Etikette darauf, das ist alles. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß die Krabbe sich infolge einer unserer pseudo-wissenschaftlichen Vorstellung entsprechenden Aberration plötzlich eine andere Art von Beinen wachsen ließ (obwohl auch das möglich wäre, alles ist möglich). Sehr viel wahrscheinlicher ist hingegen, daß auf allen Entwicklungsstufen (auf egal welcher Entwicklungsstufe) als erstes immer eine Veränderung der Wahrnehmung stattfindet, eine andere Weise, das Milieu zu empfinden, wozu vermutlich äußere klimatische oder sonstige Umstände den Anstoß geben, und daß dies automatisch eine Neugestaltung des Wesens und möglicherweise eine passendere Form auslöst. Immer ist es das Bewußtsein, das als erstes wirkt, die Wahrnehmung, die als erste die Materie anders berührt und sie somit anders handhabt. Wir ahnen nicht, wie wunderbar anpassungsfähig die Materie ist, weil wir sie als ebenso versteinert betrachten, wie unsere eigene Wahrnehmung versteinert ist. Wir leben und sterben, leben von neuem und sterben wieder, wir erkranken und genesen, werden wieder krank und sterben wieder - so ist das Gesetz. Aber es ist das Gesetz unserer mentalen Wahrnehmung. Mutation bedeutet eine Mutation des Bewußtseins. Sie bedeutet eine andere Ordnung derselben Realität - sagen wir, einer klareren Realität -, die sich uns enthüllt.

Das Supramental ist vielleicht eine neue Enthüllung oder neue "Klärung" in der Geschichte der Materie. Und natürlich muß sich diese neue Klärung ihre eigenen Mittel, ihre eigenen Instrumente und ihre eigene Seinsweise innerhalb dieser "anderen" Materie schaffen. Dann wird uns unsere große Geschichte in einem anderen Licht erscheinen, denn wir konnten sie nicht anders sehen als im Licht unserer mentalen Wahrnehmung und einzig im Sinne des Mentals. Wahrhaftig, eine neue Ära bricht an. Eine Ära, die sich so radikal von der gegenwärtigen unterscheiden wird wie damals, als das Leben inmitten der Kieselsteine ausbrach.

Ein Wendepunkt der Geschichte.

Der unbeirrliche Drang

"Wann wird es geschehen?" fragten die Kinder. Sie nahmen das alte Lied von Sri Aurobindos Schülern wieder auf: "Das Supramental ist für wann? Wann wird es herabkommen?" Denn für sie war es natürlich etwas, das vom Himmel fallen würde. Sie verstanden nicht, wieviel Weg zwischen jenem "Himmel" und dieser in jahrtausendealten mentalen Gewohnheiten versandeten Materie zu klären war. Die Materie ist vollkommen verstrickt und verfangen in einem mentalen Netz. Und was den "Himmel" betrifft, der leuchtet da oben für die Asketen des kosmischen Bewußtseins, die ehrwürdig und religiös darin dösen, aber zwischen den beiden ist ein ganzes "Schlammloch zu reinigen" - der Durchgang muß geschaffen werden! Wir waren viel zu sehr damit beschäftigt, mit unserem neuen mentalen Instrument zu spielen! Es ist ja so interessant, ein neues Spielzeug zu besitzen, sagte sie ihnen. Wir spielten damit, wir probierten alle Möglichkeiten aus, es zu benützen ... wie Kinder auf dem Schulhof: sie erfinden, suchen, spielen, finden, sie schubsen und prügeln sich, zanken und versöhnen sich, sie entdecken, zerstören und bauen. Dahinter aber verbirgt sich ein Plan. Mehr und mehr kommt ein Plan zum Vorschein. Und vielleicht führt all das, was sich da an der Oberfläche abspielt, trotz alledem zu etwas, das sich eines Tages wirklich ereignen wird ...1 "Wann? Wie wird es sein?" Geduldig antwortete sie ihnen auf dem Sportplatz: Das hängt von euch ab.2 Sie verstanden nicht, daß Mutter dabei war, sie selbst die Antwort ausarbeiten zu lassen, und zwar durch ihre eigenen kleinen, etwas klareren Gesten und ihre etwas weniger blockierten Körper. Wenn man all der Schwächen und Dummheiten des äußeren Bewußtseins gewahr wird, sagte sie ihnen, dieser ganzen Verlogenheit des sogenannten materiellen Wissens, der sogenannten physischen Gesetze, der sogenannten Bedürfnisse des Körpers und der "Realität" dieser Bedürfnisse, wenn man zu sehen beginnt, wie sehr das alles falsch, dumm, illusorisch, unklar und schwachsinnig ist, dann kommt man der Lösung schon sehr nahe.3 Sie versuchte die Schuppen des Mentals abzuschütteln, die den Körper mit ihren Gesetzen, ihren Du-darfst, Du-darfst-nicht, Du-mußt, Du-mußt-nicht reglementieren und tyrannisieren. Doch wie schwierig das war! Die erste Reaktion eines jeden lautete: "Aber schließlich ist dieses Vitamin doch notwendig, aber ich brauche Brot, und ich brauche acht Stunden Schlaf, aber schließlich ..." Die Liste ist endlos, mikroskopisch, heimtückisch bei jeder x-beliebigen Gelegenheit. Genau hier, an diesem Punkt der mikroskopischen Säuberung, beginnt die neue Spezies. Irgendwo muß man schließlich anfangen, sauber zu machen. "Wann wird es geschehen?" - Für den Geist oder die höhere Intelligenz ist es einfacher, sich neue Dinge vorzustellen, für das vitale Wesen hingegen ist es weniger leicht, zum Beispiel die Dinge auf eine neue Art zu empfinden. Und für den Körper ist es noch schwieriger, eine rein materielle Wahrnehmung von dem zu erlangen, was eine neue Welt sein wird. Trotzdem muß diese Wahrnehmung der materiellen Transformation vorausgehen. Zuerst muß man auf ganz konkrete Weise die Fremdartigkeit der alten Dinge und, wenn ich so sagen darf, ihren Mangel an Aktualität fühlen. Sie müssen sogar materiell als überholt und der Vergangenheit angehörig empfunden werden, einer Vergangenheit, die heute völlig fehl am Platz ist.4 Der Körper muß anfangen, das wahrzunehmen, was die neue Art sein könnte, und dazu muß ihm in seinen Augen die alte Art einfach als veraltet erscheinen - der Vorgang ist immer der gleiche: Es geht nicht so sehr darum, den Körper zu erziehen, sondern man muß ihn von der Erziehung befreien, angefangen mit den mentalen Brillen. Das Bedürfnis nach etwas anderem muß erwachen. Dieses Bedürfnis ist der Schlüssel zu allen Übergängen in der Evolution.

Ja, das Bedürfnis, diese Erinnerung tief im Innern, die sich noch an die große Möglichkeit erinnert, die dem Zeitalter des Mentals vorausging. Es ist das, was im Innern drängt, diese Erinnerung der Erde, vielleicht der wahren Erde, die sich erinnert. Das mentale Stadium ist ein dunkler Übergang in der Evolution, dessen Sinn wir erst dann wirklich verstehen werden, wenn wir über das Mental hinausgekommen und in der wahren Materie angelangt sind. Dann werden wir sagen: "Oh, das ist es! Das war es!" Dies setzt allerdings voraus, daß jemand da ist, der sagt: "Oh, das ist es!" - während es vor der Ankunft des Mentals niemanden gab, der dies ausgerufen, empfunden oder sich darüber gefreut hätte: da war weit und breit nichts als eine enorme kosmische Suppe, die gleichgültig oder vielleicht auch in Wonne vor sich hin schwamm - darüber ist uns jedenfalls nichts bekannt. Aber dieses Bedürfnis muß die ganze Erde erfassen, ein paar mehr oder weniger aufsässige Wesen auf dem Sportplatz genügen nicht. Jeder Mensch, der über das Stadium des Tier-Menschen hinausgegangen und zum Mensch-Menschen geworden ist, fühlt ein Bedürfnis, das ich als unbeirrbar bezeichnen möchte - das Bedürfnis, etwas anderes zu sein als dieses höchst unbefriedigende Halb-Tier.5 Dieses "unbeirrbare" Bedürfnis muß wirklich ganz und gar unbeirrbar werden unter den Menschen. Es muß soweit kommen, daß sie es nicht mehr aushalten können in ihrer erstickenden Haut. Vielleicht dreht die Natur jetzt die Schraube fester, um das Ersticken sicherer und das Bedürfnis deutlicher werden zu lassen. Ich glaube, es wird in dem Augenblick geschehen, wo eine genügende Anzahl bewußter Menschen klar und deutlich fühlt, daß es unumgänglich ist ... Alles, was war und jetzt noch ist, muß als absurd erscheinen und darf so nicht länger weitergehen - erst dann kann es geschehen, nicht vorher.6 Das war 1955. Die Schraube drehte sich schon damals fester. Es ist ganz eindeutig, daß in der heutigen Zeit mit all ihrem Aufruhr und Schwachsinn ein Bedürfnis, ja geradezu ein Gefühl dafür erwacht, wie es sein könnte und sein sollte - das bedeutet, daß der Augenblick nahe bevorsteht. Für lange, lange Zeit hieß es immer: "Es wird sein, es wird sein" - es wurde versprochen. Schon vor tausend und abertausend Jahren wurde der Anbruch eines neuen Bewußtseins, einer neuen Welt versprochen, etwas Göttliches, das sich auf der Erde offenbaren werde, aber immer hieß es: Es wird sein, es wird sein ... - in einigen Jahrtausenden, in Millionen und Milliarden von Jahren. Man hatte nicht wie jetzt das Gefühl, daß es kommen muss, daß es ganz nahe ist. Allem zum Trotz wird der Augenblick kommen, wo es geschieht, der Augenblick, wo sich der Umschwung in eine neue Realität vollzieht.7

Das war es, was sie Tag für Tag in das Bewußtsein der Schüler einströmen ließ, diesen Durst nach dem Augenblick. Es war, als hätte sie die ganze Erde in die Faust genommen. Durch diese kleinen Musterexemplare hob und zog sie die ganze erstickende Masse empor wie einen Teig. Hier auf diesem Winkel des Sportplatzes konnte man fast die gesamte Erde spüren - wie weit und grenzenlos sie war, diese Mutter, wie sehr sie diesen dunklen Teig knetete und bearbeitete. Es gab einen augenblick. Es gab einen Augenblick, wo sich das mentale Wesen auf der Erde manifestieren konnte. Der Ausgangspunkt mag sehr beschränkt, sehr unvollständig, sehr partiell gewesen sein, dennoch gab es einen Ausgangspunkt. Warum sollte es also nicht jetzt geschehen? ...8 Ein Augenblick wird kommen, wo ein menschliches Bewußtsein sich in einem hinreichenden Zustand befinden wird, einem supramentalen Bewußtsein zu erlauben, in das menschliche Bewußtsein einzutreten und sich zu manifestieren ... Das wird sich nicht wie ein Gummiband in die Länge ziehen. Ein Augenblick kommt, wo es geschieht. Das kann ganz blitzartig eintreten.9

Die "Herabkunft"

Es war an einer "Mittwochsklasse", am 29. Februar 1956. Sie hatte gerade einige Seiten aus Die Synthese des Yoga vorgelesen und ihre Fragen beantwortet - die ewig gleiche, alte Frage bezüglich der Unbewußtheit der Welt: "Wie kann das Unbewußte danach streben, bewußt zu werden?" fragten sie. Sie meinten damit den Stein, die unbelebte Materie. Aber hier irren wir uns gewaltig, denn der Stein ist bewußt, die Materie ist bewußt (zwar nicht auf unsere Weise, aber trotzdem ...), man kann mit einem Stein Kontakt haben (manchmal leichter als mit einem Menschen), ein Amethyst antwortet nicht auf dieselbe Weise wie ein Granit, und ein Granit, der Berührung mit einem bewußten Wesen hatte, bleibt von diesem Kontakt geprägt: die Mauern von Theben tragen eine Prägung. Selbst unsere Häuser weisen manchmal traurige Prägungen auf. Wenn darin kein Bewußtsein wäre, könnten wir keinen Kontakt aufnehmen. Ein "unbewußter" Gegenstand wäre ganz einfach unsichtbar, denn nur das Bewußtsein stellt den Kontakt her, ohne Bewußtsein gibt es keinen Kontakt. In Wirklichkeit ist nicht die Materie unbewußt sondern das Mental. Es hat alles mit seinem Schleier der Unbewußtheit und der Trennung verdeckt. Es hat sich von allem abgetrennt - und haust wie der Kuckuck in seiner Uhr. An jenem Abend sagte sie ihnen: Das Göttliche im Unbewußten strebt nach dem Göttlichen im Bewußtsein. Ohne das Göttliche gäbe es keine Aspiration, und ohne das im Unbewußten verborgene Bewußtsein gäbe es keine Möglichkeit, das Unbewußte in Bewußtsein zu verwandeln.10 Manchmal fragen wir uns, ob die Materie, unsere körperliche Materie, nicht schon vor uns bewußt wird oder eher, ob ihr wahres, reines, schon existentes Bewußtsein das Mental nicht mit Hilfe irgendeiner evolutionären Strategie ganz einfach umgehen wird, um uns plötzlich und zu unserer großen Überraschung ganz unerwartete Dinge zu enthüllen. Es würde genügen, wenn wir sie selbst sprechen ließen, wenn das Mental seinen trübenden Griff lockern würde - darin bestand Sri Aurobindos und Mutters ganze Bemühung. Aber selbst wenn das Mental widerspenstig bliebe, wäre es nicht dennoch möglich, daß dieses Bewußtsein in der Materie, dieses wahrhaft göttliche, präzise, supramentale Bewußtsein unter dem Druck der Evolution anfinge, seine Antennen unbeirrbar und uns zum Trotz nach außen zu strecken, so wie sich die Raupe unbeirrbar in einen Schmetterling verwandelt, all ihren Gesetzen und Prinzipien der Raupe zum Trotz? Die Evolution geschieht ja nicht im Mental sondern in der Materie oder eher im Bewußtsein der Materie - in der Materie steckt der Keim und nicht in irgendeiner kleinen Gehirnwindung, und wenn der Keim hier steckt, muß er sich auch notgedrungen hier entwickeln. Es genügt, daß die "klimatischen", evolutionären Bedingungen günstig sind. Heute hat diese Materie die Form eines mit einem Gehirn ausgestatteten Menschen angenommen, aber wer weiß, ob sie nicht morgen aus eigener Kraft eine andere Gestalt annehmen wird, ausgestattet mit einem anderen Instrument, um den Kontakt aufzunehmen. Dieser unabwendbare Gang der Evolution veranlaßte Sri Aurobindo, in seinem Werk Das Göttliche Leben folgendes zu schreiben: Wenn der Mensch sich als unfähig erweist, über seine Mentalität hinauszugehen, wird er übertroffen werden, und das Supramental und der Übermensch werden sich notgedrungen manifestieren und die Führung der Evolution übernehmen.11 Vielleicht richtete sich Mutters und Sri Aurobindos gesamte Bemühung einzig darauf, daß dieser Prozeß mit uns anstatt ohne uns stattfindet.

An jenem Abend geschah nun aus irgendwelchen mysteriösen und günstigen Gründen oder vielleicht ganz ohne Grund und spontan diese Manifestation. Die "allgemeine Herabkunft", um die sich Sri Aurobindo so lange Zeit bemüht hatte, fand statt. Warum gerade zu diesem Zeitpunkt und nicht schon vor sechs Jahren? Das ist wieder eine andere Frage. Wir nennen es "Herabkunft", wie fallender Regen, aber das liegt an unserer kindlichen Sprache. Tatsache ist, daß Sri Aurobindo und Mutter seit Jahren versuchten, eine Verbindung in ihrer eigenen Materie herzustellen, den Durchgang zwischen diesem reinen Bewußtsein, das sie auf ihren leuchtenden Höhen erblickten, und diesem selben, in der Materie vergrabenen Bewußtsein freizulegen. Es hatte Augenblicke gegeben, da die Verbindung zustande kam, aber dann blockierte sich alles wieder. Es öffnete sich wieder und verschloß sich von neuem. Vermutlich war der erste Menschenaffe einem ähnlichen Prozeß ausgesetzt (sagen wir der Pionier der Menschenaffen): Er nahm Verbindung auf mit diesem immer gleichen Ding (denn es gibt keine x-beliebigen), mit dieser immer gleichen Kraft, die seltsame kleine Schwingungen in seinem Kopf hervorrief - denn sein Kopf war sozusagen der am wenigsten behinderte, klarste Teil seiner selbst - und manchmal, aus den merkwürdigsten Gründen, "geschah es". Er saß dort und "dachte nach", entdeckte unvorhergesehene Zusammenhänge. Eine neue Kohärenz der Welt tat sich ihm auf. Dann verschloß sie sich wieder, denn schon wurde die Öffnung von den alten Gewohnheiten des Affendaseins blockiert. Schließlich kam der Augenblick, wo sich das "Ding" auf natürlichere Weise einstellte und sogar ansteckend wurde - vielleicht, als die allgemeine Vorbereitung ausreichte (wir vergessen immer, daß die Welt ein einziges Ganzes ist). Für einen Augenblick entschlüpfte er der Affenhaut und wurde des großen universellen, alles umfassenden Bewußtseins gewahr, und weil er ein Affe war, fand der Ausgangspunkt oder Kontaktpunkt auf der klarsten Ebene seines Körpers statt, in seinem entwickelten Gehirn. Beim Eintritt in diese Ebene übertrug sich der Funke dieses großen Bewußtseins durch eine gewisse Schwingung, die wir als "mental" bezeichnen. Dieses selbe große, alles umfassende Bewußtsein nimmt auf jeder Ebene, zu der es Zugang hat oder zu der ihm der Zugang gestattet wird, eine bestimmte Farbe oder eine bestimmte Art der Schwingung an, bis zu dem Tag, da es in einem unentstellten Milieu rein sich selbst sein kann. Dieses Milieu ist die Materie. Das erinnert uns an den Drachen, der sich in den Schwanz beißt. Die supramentale Verwirklichung ist die vollkommene Vereinigung dessen, was von oben kommt, mit dem, was von unten kommt. Am 29. Februar 1956 verwirklichte sich die Vereinigung, aber nicht mehr auf der Ebene des Gehirns und innerhalb eines mentalen Milieus, sondern auf der Ebene der Materie und an allen Punkten des Körpers: Die Schranke war gebrochen, und die Flut strömte hervor. Vielleicht gab etwas innerhalb der kollektiv-menschlichen Schranke nach. Warum? Um dies wirklich zu verstehen, bedarf es einer globalen Vision der Welt. Die universelle Bewegung spielt sich folgendermaßen ab: Einige Individuen, die Pioniere, die Vorkämpfer nehmen durch ihr inneres Bemühen, ihren inneren Fortschritt Kontakt auf mit der neuen Kraft, die manifestiert werden soll, und assimilieren sie innerlich. Weil es solche Rufe gibt, wird das Ding überhaupt möglich, und das Zeitalter, die Ära, der Augenblick der Manifestation kommt. So geschah es - und die Manifestation fand statt.12

Aber immer werden wir von unserer mentalen Sprache irregeführt. Wir sprechen von der "neuen Kraft", was aber ist so "neu" daran? Sie ist so alt wie die Welt selbst. Nur wir sind noch sehr jung und werden einer sehr alten Welt gewahr. Vor einigen Jahren erwähnte ich Mutter gegenüber etwas von der Arbeit eines italienischen Wissenschaftlers, der sich mit der elektrischen Energie in den Körperzellen befaßte: Es ist doch alles die gleiche Kraft! rief sie aus. Die Kraft vermischt sich mit den jeweiligen Zuständen, seien sie mentaler, vitaler oder rein materieller Natur, wobei in letzterem Fall die Kraft die Form von Elektrizität annimmt: das Göttliche in Form von elektrischen Schwingungen! Und sie lachte. Es ist ihre Art, die Tatsache materiell zu verzeichnen. Da haben wir es! Von der Tatsache selbst verstehen wir noch immer nichts, weil die elektrische oder atomare oder magnetische Ebene noch eine oberflächliche Ebene darstellt, sozusagen eine Übertragung derselben Kraft in ein gewisses Milieu, von dem wir glauben, es sei die Materie, oder das wir als die Materie bezeichnen - aber es gibt noch etwas Grundlegenderes ..., das vielleicht die wahre Materie ist, ohne unsere mentalen Brillen: die Tatsache. Wahrhaftig ein Mysterium. Genau jenes, das Mutter langsam zu enthüllen begann. Eines Tages öffnete der Affe in seinem Gehirn einen Durchgang für die Kraft und erschloß so die mentale Welt und die mentale Wahrnehmung der Materie - einschließlich der Wahrnehmung mit Teleskopen und Mikroskopen, denn was sieht, wenn nicht das Mental? Eines Tages wiederum öffnete in einem entlegenen Winkel Indiens ein Wesen in seinem Körper den Durchgang für die Kraft oder die Shakti, die Bewußtseinskraft, und eröffnete so die supramentale Welt und die supramentale Wahrnehmung der Materie - ein gleiches "Etwas", nur anders gesehen. Ein und dieselbe Kraft, nur anders erlebt. Dieser Körper, sagte sie, ist allen übrigen der Erde gleich, aber aus irgendeinem Grund wurde er sich der anderen weise bewußt. Für das irdische Bewußtsein bedeutet dies normalerweise das Zeichen einer "Ankunft", einer "Herabkunft", eines "Anfangs" - aber ist es wirklich ein Anfang? Was hat "begonnen"!? Die Erfahrung kam wie die Erfahrung einer ewigen Tatsache und ganz und gar nicht wie etwas, das sich erst jetzt ereignet. Das Immer-da-Gewesene offenbart sich ... auf immer klarere Weise. Das ewige Amazonien wird zum Amazonien durch die Tatsache unseres Hindurchschreitens - vielleicht wird die Materie zunehmend das, was sie wirklich ist.

Jetzt ist die Erde auf dem Weg, sich der "anderen Weise" bewußt zu werden.

Ein kleines Pulsieren

Wie sieht dieses Supramental aus?

Wenn wir es vollständig definieren und beschreiben könnten, wäre es bereits voll und ganz auf der Erde. Es handelt sich nicht um eine feste Größe wie Salzsäure oder den Mond, sondern es wächst und entwickelt sich, oder vielmehr unsere Fähigkeit, es wahrzunehmen, wächst und entwickelt sich. Diese Wahrnehmung sollte Mutter noch weitere siebzehn Jahre entwickeln, um menschliche Augen oder die menschliche Substanz gleichsam daran zu gewöhnen - sie bahnte den Weg des Übergangs. Diese außergewöhnliche Schwingung erkannte ich wieder, als die supramentale Welt herabkam ... Es kommt und vibriert wie ein Pulsieren in den Zellen.

Nur sehr wenige erkannten es an jenem Abend des 29. Februars auf dem Sportplatz. Aber um es zu erkennen, muß das physische Bewußtsein schon sehr frei sein von seiner mentalen Kruste und dem ganzen mentalen Gewimmel, wie wir es nennen können. Aber tatsächlich nimmt man es zunächst eher negativ wahr, durch die Reaktion des "Gewimmels". Die Lichter auf dem Sportplatz waren ausgeschaltet, die Lektüre der Synthese und die Fragen der Kinder verstummt. Sie saßen im Halbkreis am Boden um Mutter herum, man konnte das Rauschen des Meeres hören, der Schein des Leuchtturms fegte oberhalb der Wand entlang - zweimal kurz, einmal lang. Es war die "Meditation am Mittwochabend". Mutters Silhouette war ein wenig nach vorne gebeugt auf einem niedrigen Stuhl im Halbschatten zu erkennen, mit einer Frangipaniblüte zwischen ihren unbewegten Fingern. Sie war immer sehr weiß, diese Mutter, auch wenn sie in Rot oder ganz bunt gekleidet war, als strahlte etwas durch ihren Körper, eine Art weißer Glanz, der zuweilen kompakt und selbst für unsere materialistischen Augen sichtbar wurde. Die Schüler saßen still da. Die Kinder in grünen Shorts waren rund um ihren Stuhl herum eingeschlafen. Sie "vereinte das Feld", wie sie es nannte. Sie hatte all diese jungen irdischen Keimlinge um sich herum versammelt, um ihre "evolutionäre Wetterkunde" zu studieren - und sie lachte. Sie lachte über alles, diese Mutter, sie lachte vor allem den Schwierigkeiten mitten ins Gesicht, denn das war die beste Art, sie aufzulösen: Ich muß euch gestehen, sagte sie ihnen, daß ich viel mehr das Gefühl habe, ich selbst zu sein, wenn ich fröhlich bin und wenn ich (auf meine Art) spiele, als wenn ich sehr ernst und streng bin - viel mehr. Ernst und streng zu sein, macht auf mich immer den Eindruck, als müsse ich das ganze Gewicht dieser so schweren und dunklen Schöpfung mit mir herumschleppen, wenn ich aber mit ihr spiele - wenn ich spielen, lachen, mich amüsieren kann -, dann gibt es mir das Gefühl, wie wenn feine Flöckchen der Freude von oben herabfielen, die dieser Schöpfung und dieser Welt eine ganz besondere Farbe verleihen und sie dem, was sie ihrem Wesen nach sein sollte, viel näher bringen,13 denn die Freude ist die Wahrheit der Erde, nur haben wir das vergessen und sind traurig und leiden. Sie wollte ihren Freudenregen, ihren "sonnigen Weg", wie sie es nannte, hier herabbringen. Warum leiden? Ich jedenfalls sage, daß man nicht zu leiden braucht, daß es nicht notwendig ist. Das Supramental ist in der Tat die Freude der Welt, die der Ankunft des Mentals vorausgeht. Der Schmerz besteht darin, nicht das zu sein, was man ist. Die wahre Erde ist eine Erde der Freude, denn schließlich entstand all dies um der Freude willen. Nur wir sind noch nicht darin. Sie wollte, daß es schneller geht, sie zog und zog ihren herrlichen supramentalen Regen auf diese Substanz herab. Die Stille. Der ungeheure Druck war spürbar (Mutter dachte, alle Leute auf dem Sportplatz würden davon plattgedrückt). Daß da eine Kraft am Werk war, daran war nicht zu zweifeln, die Luft war zum Schneiden dicht. Einige Male war es sogar erstickend. Dann wieder schmolz es dahin, öffnete sich, und man wurde vom ungeheuren Strom hinweggetragen, das Leben war erfüllt von Frische, und es prickelte in der eigenen Substanz - ja, vielleicht war das dieses kleine "Pulsieren", obgleich es fast zu "natürlich" war, um erkennbar zu sein. (Das Wunder ist so natürlich, daß wir Idioten es erst hinterher bemerken, wenn es vorbei ist.) Auch ich war da an jenem Abend. Es waren die ersten Jahre meines Aufenthalts. Kaum waren die Meditation zu Ende und die Lichter wieder an, verspürte ich nur einen Wunsch: meine sieben Sachen zu packen und abzuhauen, so weit wie möglich, zum Teufel, wenn möglich ... Ich verbrachte zehn Jahre damit zu versuchen, nicht abzuhauen und zum Teufel zu gehen - es einfach immer wieder zu versuchen. Das "Gewimmel" im Innern war erstickend.

Eine negative Erfahrung des Phänomens, könnte man sagen.

Ich ging in die Stadt und trank ein Glas auf das Wohl des "integralen" Yogas. Ah, ist man nun frei oder nicht! Genau das ist aber das Traurige im Grunde: etwas in uns klammert sich an den Schmerz, an die Freiheit des Schmerzes. Diese erstickende Nacht im Innern, die nicht nachgeben will und auf ihrem "Nein, Nein, Nein" beharrt. Das Supramental ist das ungeheure Ersticken dieser Nacht. Das Gewimmel wird aus seinem Versteck gescheucht, ans Tageslicht gezerrt durch dieses heimliche kleine Pulsieren, das die Freude der Welt trotz uns verwirklicht - es drängt alles hinaus, es verlangt nur, sich selbst zu sein, rein. Es ist unerbittlich, unwiderstehlich wie ein feines Sprühen im Innern, in der Materie, und man kann nichts dagegen tun. Wir mögen noch so schreien und jammern, es wächst und wächst. Es steckt in der Materie der Welt, vollkommen darin, unauslöschlich. Und es wird bis an sein Ziel gehen, bis zur ganzen inneren Freude, und uns vorher keine Minute Ruhe lassen. Es wird uns genausowenig loslassen, wie der erste Gedanke den höher entwickelten Pavian vor etwa zwei Millionen Jahren (oder waren es drei?) nicht losließ. Wir befinden uns erst im zwanzigsten Jahr dieses universellen Anfangs. Wir können die Lage ermessen. Wir brauchen bloß einen Blick um uns zu werfen: es wimmelt, es wimmelt. Dieses Bewußtsein behämmert sie von innen, ob sie es wollen oder nicht.14 Wie gut wir jetzt Sri Aurobindo verstehen, wenn er sagt: "Jedesmal löste der Versuch einer allgemeinen massiven Herabkunft lediglich einen massiven Ausbruch unbewußten Schlammes aus." Dieser Schlamm steigt und steigt an zum Überfließen, es ist erschreckend. Damals, im Jahr 1956 war es noch diskret, beinahe charmant. Blicken wir kurz zurück: Frankreich tritt auf friedliche Weise Indochina an die USA ab, der Warschauer Pakt wird soeben unterzeichnet. Aufstand in Budapest und Einmarsch russischer Truppen. Präsident Nasser nationalisiert den Suezkanal, französische und britische Truppen landen in Port Said, um sich alsbald wieder zurückzuziehen - der Suezkanal wird geschlossen. Einmarsch der Israelis in die Wüste Sinai. Es folgen Unabhängigkeitserklärungen des Sudans, Marokkos, Tunesiens und Togos; dies leitet den Anfang der großen "Unabhängigkeiten" ein. Chruschtschow erhebt in einer Geheimsitzung der kommunistischen Partei Anklage gegen Stalin ... genau vier Tage vor dem besagten 29. Februar. Aufstände polnischer Arbeiter in Posen, Budapest wird von den Russen besetzt. Erster Kongreß der kommunistischen Partei Chinas, die Mao Tse-tung als Präsidenten des Zentralkomitees ernennt ...

Hier liegt bereits ein Samen.

Aber nicht der Same, den wir uns vorstellen.

Wir werden es sehen - immer mehr!

Es hätte zu einer Fortsetzung in verbesserter Form kommen können, zu einer Art Erweiterung der alten Welt, so wie sie war ... aber, sagte sie, was sich ereignet hat, das wirklich Neue, ist die Geburt einer neuen Welt - sie ist geboren, geboren! Nicht die alte Welt, die sich transformiert, sondern eine neue Welt wurde geboren. Wir befinden uns mitten in diesem Übergangsstadium, wo die beiden Welten sich überlappen, wo die alte noch zäh verharrt und mit aller Macht das gewöhnliche Bewußtsein vollständig dominiert, während sich die neue Welt noch sehr bescheiden und unbemerkt hereinstiehlt - so unbemerkt, daß sie im Moment äußerlich nicht besonders stört [das war 1957] und für das Bewußtsein der meisten Leute gar nicht wahrnehmbar ist. Dennoch ist sie am Werk, sie wächst - bis zu dem Augenblick, wo sie stark genug ist, sich sichtbar zu behaupten.15 Vierzig Jahre zuvor äußerte Sri Aurobindo, als er den Arya schrieb: Wenn der bewußte Geist [das Supramental] eingreift, wird ein höchst konzentrierter Rhythmus evolutionärer Geschwindigkeit möglich.16

Die Beschleunigung verschlägt uns fast den Atem.

Aber warum gerade jetzt? Warum ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt? ... Man hätte sich vorstellen können, daß diese neue supramentale Welt etwas friedlicher und angemessener mitten unter verfeinerten Menschen geboren wäre, wie zum Beispiel zur Zeit der Renaissance oder des Perikles - warum nicht? - zu einer Zeit jedenfalls, da die Menschen noch eine gewisse ... fast hätte ich gesagt "Politur" hatten, aber das ist es ja, die Politur beginnt abzublättern, und darunter ist es überall gleich, in der Haut des Perikles oder des roten Khmer herrscht im Innern genau das gleiche Gewimmel. Nur herrscht es jetzt ungehemmt. Es wurde ans Tageslicht gezerrt, und so kann es niemand mehr übersehen. Dieses Supramental ist wie riesengroße Wäscheklammern, die sich die ganze schmutzige Wäsche der Welt schnappen und sie direkt vor unserer Nase aufhängen, solange bis wir genug erstickt und angeekelt sind ... und uns zu etwas anderem bereit erklären. "Warum haben die Schwierigkeiten seit dieser supramentalen Herabkunft zugenommen?" beklagte sich eines Tages ein Schüler auf dem Sportplatz, vier Monate nach der berühmten "Herabkunft". Wer sagt euch denn, daß es nicht deshalb ist, weil ihr bewußter geworden seid! Daß eure Schwierigkeiten schon vorher existierten und ihr nur nichts davon wußtet. Wenn ihr klarer seht und Dinge seht, die nicht besonders schön sind, dann ist daran nicht das Supramental schuld, sondern ihr selbst! Das Supramental gibt euch ein Licht, einen Spiegel, in dem ihr euch besser sehen könnt als zuvor, deshalb seid ihr ein wenig ungehalten, weil es nicht immer ein sehr hübsches Bild von euch zeigt! Aber was kann ich da tun? 17 Tatsächlich ein ungeheuer greller Scheinwerfer, der alle kleinen Biester aus ihrem Versteck scheucht.

Dieses Supramental ist ein unerbittlicher Hinauswerfer.

1925 machte Sri Aurobindo eine sehr merkwürdige Äußerung, als man ihn nach den Zeichen fragte, die auf das Nahen der supramentalen Herabkunft hindeuten würden. Er nannte vier Zeichen, wobei uns das vierte zu denken gibt. Das erste Zeichen ist, daß das Wissen um die physische Welt so weit fortgeschritten ist, daß es kurz vor dem Durchbruch seiner eigenen Grenzen steht [vielleicht, um dahinter das kleine "Pulsieren" zu finden]. Das zweite ist ein allgemeiner Versuch überall auf der Welt, den Schleier zwischen dem inneren und dem äußeren Mental, dem inneren und dem äußeren Vital und sogar der inneren und der äußeren Physis zu zerreißen [die uns noch unbekannte "innere Physis" ist genau der Bereich der Schwingungsbasis, die unserer sogenannten Materie zugrundeliegt]: Die Menschen werden mehr "psychisch". Drittens, die vitale Welt* versucht wie nie zuvor, Besitz von der physischen Welt zu ergreifen. Das ist immer das Zeichen, daß die höhere Wahrheit, jedesmal wenn sie herabkommt, die feindliche Welt an die Oberfläche zwingt, so daß man plötzlich alle möglichen vitalen Anomalien zu sehen bekommt, wie zum Beispiel eine zunehmende Anzahl geistesgestörter Menschen, Erdbeben und so weiter. Hinzu kommt, daß die Welt immer mehr eins wird infolge moderner wissenschaftlicher Entdeckungen: Flugzeuge, Eisenbahnen, Telegrafie und so weiter. Diese "Vereinigung" ist die notwendige Voraussetzung für die Herabkunft der höchsten Wahrheit - zugleich aber ist sie unsere größte Schwierigkeit [in der Tat!]. Viertens das zunehmende Erscheinen von Personen, die einen ungeheuren vitalen Einfluß auf große Menschenmassen ausüben.18

Das gibt uns Stoff zum Nachdenken.

Aber warum diese "Menschenmassen"? Warum diese zu einem einzigen Paket verschnürte Welt mit ihren "Flugzeugen", ihren geschrumpften Entfernungen, ihrem Fernsehen? Ein kompakter menschlicher Knoten. Man braucht nur den kleinen Finger in Peking zu heben, und schon bewegt es sich in Berlin oder Terra del Fuego. Perikles ist seit langem von der Bühne abgetreten. Was aber hat sich seit Perikles wirklich entwickelt? Die Wissenschaft? Das ist nicht so sicher. Das menschliche Paket ist jedenfalls unentwirrbar - unauflöslich, könnte man sagen - ineinander verstrickt. Man kann kein Atom mehr bewegen, ohne daß nicht alles in Bewegung gerät. Eine hochgradige, alles erfassende Krankheit ... oder etwas ganz anderes? Eine unvorstellbare Ansteckung. Perikles wäre das bestimmt nicht in den Sinn gekommen. Wir aber "sinnen" alle nichtsdestoweniger darüber nach.

In lichten Momenten ahnen wir, daß diese so erschreckenden Zustände tatsächlich die beste Voraussetzung für die supramentale Ansteckung ist. Denn nicht das Gehirn eines Perikles entwickelt sich im Laufe der Evolution - gewiß ist es nicht im Sinne der Evolution, einen Super-Perikles zu fabrizieren -, sondern die irdische Materie entwickelt sich als kompaktes Ganzes, in der Materie findet dieses kleine, noch so neue "Pulsieren" statt, das alles durcheinander bringt.

Die ganze Erde, wir alle zusammen sind im Umschwung begriffen, ob wir es wollen oder nicht. Mutter nannte es lachend die supramentale Katastrophe. Sie sagte: Alles, was die Trägheit stört, ist für die Trägheit eine Katastrophe. Auf der Welt (der irdischen Welt, der einzigen, von der ich mit Kompetenz sprechen kann, von den anderen habe ich nur einen Gesamtüberblick), auf dieser irdischen Welt ist die Trägheit die Basis der Schöpfung, sie war notwendig, um eine Stabilität zu schaffen und die Dinge zu konkretisieren. Alles, was diese Trägheit stört, ist hinfort eine Katastrophe. So war die Ankunft des Lebens eine ungeheure Katastrophe, die Ankunft der Intelligenz im Leben eine weitere ungeheure Katastrophe, und jetzt ist die Ankunft des Supramentals die letzte von allen. So ist es einfach!

Tatsächlich wäre es ein großer Irrtum zu glauben, daß alles wieder in Ordnung käme - nichts wird je wieder in Ordnung kommen, sondern alles wird vollständig aus den Fugen geraten, bis auch das letzte Atom der Nacht ans Tageslicht gezerrt worden ist. Bis wir auf das andere stoßen ... das vielleicht uns zum Trotz unserer eigenen Materie entsprossen plötzlich vor unserer Nase auftaucht. Hier innen in unserer Materie spielt es sich ab, hier hinein müssen wir schauen. Je weniger mentale Brillen wir aufsetzen, desto besser können wir die Schönheit des Phänomens beobachten. Eine andere Geschichte beginnt, diejenige, die uns den Schlüssel zu allem geben wird: Von diesem Standpunkt aus betrachtet, sagte sie den Kindern, ist das Phänomen, das sich jetzt abspielt, absolut einzigartig in der Geschichte der Erde, und sobald wir ans Ende des Prozesses dieser Transformation gelangt sind, werden wir vielleicht (wenn nicht sogar mit Gewißheit) über den Schlüssel aller vorausgegangenen Transformationen verfügen. Mit anderen Worten, alles, was wir jetzt zu verstehen suchen, wird uns auf relevante Weise klar werden, sobald sich der Vorgang wiederholt hat - diesmal der Übergang zwischen dem mentalen und dem supramentalen Wesen.19

Den rebellischen Kindern, die da auf dem Sportplatz saßen - mich inbegriffen - erklärte sie ein wenig scherzhaft mit diesem Funken Humor: Ihr seid somit aufgefordert, eure Beobachtungsgabe besonders zu entwickeln, damit euch all das nicht wie im Halbtraum widerfährt und ihr nicht plötzlich in einem neuen Leben erwacht, ohne überhaupt zu wissen, wie euch geschah. Ihr müßt sehr aufmerksam und äußerst wachsam sein, und anstatt auf kleine innere, psychologische Einzelheiten zu achten, die ziemlich ... antiquiert sind (sie gehören einer ganzen menschlichen Geschichte an, die ihre Aktualität inzwischen verloren hat), wäre es besser auf universellere, subtilere und unpersönlichere Dinge zu achten, die euch äußerst interessante neue Entdeckungen eröffnen.20

Kurz, wir müssen uns daran begeben, die Materie von morgen im voraus wahrzunehmen.

Aber dennoch sind da diese Menschenmassen, die im Hintergrund grollen ...